Letzter Akt der Tournee durch Dänemark

 

Die letzte Etappe auf schwedischem Boden. Und womit verabschiedet sich Schweden, bevor man die Fähre von Helsingborg nach Helsingör erreicht? Natürlich mit einer Ikea-Filiale in einem gigantischen Einkaufsviertel am Stadtrand von Helsingborg. Helsingborg hat so gar nichts, was, mich zum Bleiben animieren kann und so fahre ich direkt zum Fährterminal, löse für umgerechnet 5,50 Euro ein Ticket und kaum auf dem Schiff, verlasse ich Schweden nach drei Wochen und ca. 2400 km. Dagegen ist die noch vor mir liegende Strecke durch Dänemark und von der deutsch-dänischen Grenze nach Hause nur noch ein lockeres Ausrollen.

 

Scandlines bringt mich für kleines Geld so schnell über die neunte Grenze der Reise, dass selbst der Hotdog (was sonst, wenn man sich Dänemark nähert) und der Kaffee sehr schnell vertilgt werden wollen

Hochherrschaftlich mit einem königlichen Schloss empfängt Dänemark seine Besucher in Helsingör

Nicht nur das Schloss mit der ehemaligen Kaserne sind einen Besuch in Helsingör wert

 

Ein neues Land und wieder ist vieles anders. Eine gepflegte, sehenswerte Altstadt, moderne Architektur direkt am Hafen und eine Verkehrsführung und Regelungsdichte für Radfahrer, die nach tausenden Kilometern durch die baltischen und skandinavischen Wäldern erst einmal verwirrt und mich fast überfordert - angesichts dänischer Bußgelder auch für Radfahrer will man ja nichts verkehrt machen. Aber das System ist schon ziemlich perfekt auf die Bedürfnisse von Radlern ausgerichtet und schon mal ein kleiner Vorgeschmack auf Kopenhagen. Der Tag ist noch jung und nach Kopenhagen sind es nur 40km, die ich direkt an der Küste zurücklege. Hier reihen sich geschmackvoll restaurierte Altbauten und moderne Villen fast durchgängig bis Kopenhagen dicht aneinander.

 

Das gibt es nur in Deutschland und Dänemark: Kilometer um Kilometer fahre ich direkt am Ostseestrand entlang - mit Blick auf die Ostsee! Ich glaube, auf den 40 Kilometern zwischen Helsingör und Kopenhagen habe ich mehr Ostsee gesehen, als in ganz Finnland

 

In Kopenhagen habe ich nur eine Übernachtung eingeplant, keine Pause, keine Besichtigung, nur einmal quer durch. Anders als die meisten anderen Großstädte, in denen ich war, hat Kopenhagen mehrere Campingplätze mitten in der Stadt. Am Orteingang ist ein sehr spezieller Platz in einer alten Festung - immer ausgebucht. Eine Reservierung per Internet scheitert, weil alles belegt ist. Trotzdem und trotz eines entsprechenden Hinweises am Eingang der Rezeption frage ich, ob noch etwas frei wäre. Natürlich hat man für "emergency cases" wie meinen noch ein paar Plätze reserviert, natürlich nur gegen einen kräftigen Preisaufschlag auf den ohnehin schon recht üppigen Übernachtungspreis. Dafür bekommt man allerdings ein ganz besonderes Ambiente direkt am Strand und allen Versorgungseinrichtungen in den alten Festungsmauern.

 

Also, wenn's hart auf hart kommt, bin ich bereit, im Charlottenlund Fort Camping mein Fahrrad und Zelt zu verteidigen

Dänische Perfektion in Sachen Fahrrad fahren und ausgerechnet hier falle ich einer Interviewerin in die Finger, die von mir wissen möchte, was man noch besser machen könne

 

Kurz vor dem Ende der Reise bekomme ich doch noch einmal Regen ab. Mein Zelt kann ich noch trocken abbauen und warte dann noch einen leichten Schauer ab. Dann geht's in der Hauptstadt des Fahrrad fahrens durch die Metropole. Absolut perfekt und anders als in Helsinki, sind auch unheimlich viele Radfahrer unterwegs. Zwei Pflichtstationen habe ich dann doch noch auf meiner Route: Besuche bei den wichtigsten Frauen Dänemarks:

 

Kopenhagen geht nicht ohne einen Besuch bei der kleinen Meerjungfrau - das meinen auch ca. drei Busladungen Japaner, die morgens um 09.00 Uhr schon da sind

Und natürlich muss auch der Königin die Aufwartung gemacht werden. Der Wachmann sieht aber nicht so aus, als ob er mich auf eine Tasse Kaffee durchlassen wollte

 

Und dann trifft ich mitten in der Stadt doch noch ein kräftiges Gewitter und ich muss für eine Stunde bei drückender Schwüle die Regenjacke anziehen. Aber dann wird es wieder heiß und sonnig und alles ist wie immer auf dieser Tour. Dem internationalen Radwanderweg entlang der Ostseeküste folge ich nur dort, wo es kein Umweg ist. Ansonsten ist jetzt Inselhopping angesagt und ich profitiere davon, dass dänischen Straßenbauern bekannt ist, dass die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten die Gerade ist - nicht immer interessant, aber effektiv.

 

Brücken und Fähren wechseln sich auf dem Weg durch die dänische Südsee ab

 

Der vorletzte Tag der Tour will nicht so richtig rund laufen. Gleich zweimal kann ich dem Kapitän der ablegenden Fähre noch in die Augen schauen und muss auf das nächste Schiff warten. Beim ersten Mal ist es nur eine gute halbe Stunde, auf die andere muss ich fast zwei Stunden warten. Das gibt mir Gelegenheit, mal wieder eine gerissene Speiche zu wechseln. Es ist die dritte und es bedarf wohl keiner Erwähnung, dass es wieder das neue Hinterrad ist und wieder auf der Seite des Ritzelpakets. Immerhin habe ich inzwischen so viel Übung im Speichen wechseln, dass es alles in allem nur noch 45 Minuten dauert, bis die Taschen wieder am Rad hängen und ich richte das Rad nicht mehr, sondern stimme es. Klappt jedenfalls bei dieser Reparatur perfekt, die Speiche so weit zu spannen, bis sie den selben Klang von sich gibt, wie die danebenliegenden Speichen. Kein Nachjustieren ist nötig.

Letzte Übernachtung in der Nähe des Fähranlegers in Fynshav und dann geht's auf die Zielgerade. Pflichtstation auf dem Weg nach Flensburg ist natürlich Anni's Kiosk in Sönderhav. Die letzten dänischen Kronen wollen in die angeblich besten Hotdogs Dänemarks und ein leckers Softeis investiert werden.

 

In zehn Wochen um die Ostsee bin ich zum internationalen Fastfood-Experten geworden. Letzter Test bei Anni's Kiosk - ein Hotdog ist bezahlt, einen gab es gratis dazu

 

Der zehnte Grenzübergang ist auch der sympatischte der gesamten Reise. Ich nehme noch einmal einen Umweg, der zudem recht schweißtreibend ist. Der Gendarmenstieg in Kollund fordert die letzten Kraftreserven und dann schiebe ich mein Rad über die kleine Holzbrücke des Übergangs Schusterkate (Rad fahren ist verboten) und bin wieder in Deutschland - ohne dänische Grenzkontrolle. Es folgt der letzte Höhepunkt der Reise: Der westlichste Punkt der Ostsee, die Hafenspitze von Flensburg, 100m von meinem Büro entfernt :-) Eine kurze Stippvisite bei den Kollegen, ein Kaffee und dann noch die letzten 40, sehr vertrauten Kilometer bis nach Hause - das war's. Ich habe fertig.

 

Grenzübergang Nummer 10 - Schusterkate bei Kupfermühle

Mit einem letzten Blick auf die Schlei beende ich meine Tour dort, wo ich sie vor zehn Wochen begonnen habe

Und hier noch ein paar Informationen für Freunde der Statistik:

  • 70 Tage war ich unterwegs
  • 7441 km mit dem Rad gefahren
  • 455 Stunden (netto) im Sattel gesessen
  • 35042 Höhenmeter nach oben gefahren
  • 8 Ruhetage eingelegt
  • durchschnittlich 106 km pro Tag (einschließlich Ruhetage) bzw. 120 km an den Tagen, an denen ich tatsächlich unterwegs war
  • zwei Platten, eine verschlissene Kette und ein Ritzelpaket, ein Hinterrad/Freilauf, drei gerissene Speichen, ein durchgefahrener Mantel
  • 12 Fährfahrten
  • 59 Übernachtungen im Zelt, 11 in Hotels oder Hostels
  • 9 Länder
  • 10 Grenzübergänge

 

Wieder zu Hause - Ankunft nach 7441 km auf dem Rad

 

Herzlichen Dank für euer Interesse an meiner Reise, die Begleitung unterwegs und die Rückmeldungen, die mich auf unterschiedlichen Kanälen erreicht haben. Und wer mehr wissen möchte, braucht mich einfach nur zu fragen - und vielleicht wird aus Bildern und Erlebnissen auch wieder ein kleiner Vortrag.

 

Bis zum nächsten Mal

Jörn