VaoVao - Was gibt es Neues in (aus) Madagaskar?

Es ist wieder einmal Reisezeit. Und wieder einmal ganz anders als sonst. Bin ich im vergangenen Jahr noch zu Hause mit meinem Fahrrad gestartet und dann allein in zehn Wochen um die Ostsee gefahren, hat Susanne Bedarf angemeldet, wieder einnmal gemeinsam zu verreisen. Also zu zweit und ausnahmsweise auf dieser Seite einmal ein Bericht von einer Reise ohne Fahrrad. Denn wir sind auf Madagaskar gelandet und lassen uns von unserem Guide Sylvio die Insel zeigen und erklären. Mit von der Partie ist außerdem Rado, unser Fahrer der uns durch den chaotischen Verkehr und abenteuerliche Straße durch das Land bringt.


Die Insel lockt mit unterschiedlichen Landschaftsformen und einer einmaligen Pflanzen- und Tierwelt, die sich in den vergangenen 90 Millionen  Jahren seit der Trennung vom Festland völlig anders entwickelt hat als auf anderen Kontinenten. Einige wenige der zahlreichen endemischen Arten möchten wir auf dieser Tour in ihrer ursprünglichen Umgebung sehen. 



Bilder, Bilder, Bilder...

Versprochen hatte ich es am Ende des Reiseberichts, jetzt komme ich endlich, nachdem ich 4300 Bilder gesichtet, aussortiert und die Besten noch ein bisschen bearbeitet habe, dazu noch einige Impressionen von der Reise zu zeigen.

 

Die Insel der Lemuren - und anderer eigentümlicher Bewohner - ist das Ziel der Reise
Die Insel der Lemuren - und anderer eigentümlicher Bewohner - ist das Ziel der Reise

Die Anreise von Hamburg über Frankfurt und Addis Abeba nach Antananarivo, der Hauptstadt Madagaskars problemlos, wenn auch ziemlich anstrengend. Wir sind auf einiges hinsichtlich des Fahrzeugs, mit dem wir uns in den nächsten Wochen durch das Land bewegen werden, gefasst, denn der Reiseveranstalter weist ausdrücklich darauf hin, wegen des begrenzten Platzangebots insgesamt nicht mehr als 20 kg Gepäck mitzunehmen. Jeder? Zusammen? Lieber nicht nachfragen - wird schon irgendwie gehen. Und 20 kg, soviel wiegt ja schon fast die Fotoausrüstung...

Uns schwant nichts Gutes, als wir den kleinen Hauptstadtflughafen mit 1,6 Millionen Aryari (= 400 Euro in der Landeswährung - einmal Millionär sein!) in der Tasche verlassen. Draußen steht eine wilde Sammlung uralter, irgendwie noch fahrfähig gehaltener Kleinwagen überweigend französischer Produktion. Taxis hier in der Hauptstadt sind meistens R4, R5, Enten oder Peugeot 205 im selben Elfenbeinton wie bei uns, die im deutschen Straßenverkehr ausnahmslos mit einem H-Kennzeichen für ein Alter von mehr als 30 Jahren ausgestattet wären, für den Fall, sie hätten die schier unüberwindliche Hürde des deutschen TÜV überwunden. Fahrzeuge, die seit mehr als 25 Jahren nahezu vollständig aus unserem Straßenbild verschwunden und deren Formen und Namen oft auch schon in Vergessenheit geraten sind. 

Sylvio winkt uns mit einem Schild des Reiseveranstalters und begrüßt uns mit sehr gutem Deutsch. Dann die erste positive Überraschung. Sylvio bringt uns zu einem zwar nicht mehr ganz taufrischen, aber sehr gepflegten und komfortabelen Mitsubishi Pajero. Dass ein Geländewagen für diese Tour die richtige Wahl ist, soll sich schon am nächsten Tag zeigen!


Erste Eindrücke von einem Land weit hinter der Zeit auf dem Weg vom Flughafen in die Innenstadt

Wir sind in Afrika angekommen! Und noch dazu in einem der ärmsten Länder der Welt! Der Verkehr in der Hauptstadt ist chaotisch. Enge, verstopfte Straßen, Menschenmassen, Geschäfte und Werkstätten auf oder direkt an der Straße, Tiere, Müll, Gestank - alles durcheinander. Ich war der Meinung, dass ich die Bhutan die letzte Hauptstadt der Welt ohne Verkehrsampeln erlebt hatte - allerdings eine Kleinstadt. Hier erfahren wir von Sylvio, dass in dieser Zweimillionenstadt die meisten Ampeln nicht funktionieren und der Rest wegen des täglichen Verkehrskollapses ausgeschaltet wurden und jetzt an einigen Knotenpunkten Polizisten sich mühen, ein bisschen Ordnungs ins Durcheinander zu bringen. Die kurze Fahrt vom Flughafen ins Hotel dauert ca. 2 Stunden und wir versuchen alle Eindrücke aufzusaugen - unmöglich. Und plötzlich stehen wird vor unserem Hotel - eine gepflegte Oase direkt in diesem Trubel. Irgendwie unwirklich. Ankommen, essen, ausruhen... Morgen soll es auf eine lange Tour an die Ostküste gehen. 

Mehr als die Hälfte der Magegassen sind unter 20 Jahre alt - Kinder wohin man sieht
Mehr als die Hälfte der Magegassen sind unter 20 Jahre alt - Kinder wohin man sieht

Erstes Ziel:Kanal von Pangalanes

Etwa 300 km liegen vor uns - eine Tagestour! Wir brechen rechtzeitig im Hotel auf und quälen uns aus Antananarivo in Richtung Osten. In einer Stadt ohne einen einzigen Wegweiser ein Kunststück für jeden, der sich hier nicht genau auskennt.

Der Stadtrand ist erreicht, der Verkehrs wird deutlich dünner, das Vorankommen bleibt aber trotzdem mühsam. Die Landschaft ist sehr bergig und dementsprechend kurvig ist die schmale Verbindungsstraße von der Hauptstadt nach Tamatave, der wichtigsten Hafenstadt der Insel. Und des herrscht reger LKW-Verkehr - ich habe noch nie so viele LKW von unten gesehen, wie auf dieser Strecke. Immer wieder kommen die Laster, die in Alter und Zustand den Taxen der Hauptstadt oft nicht nachstehen, von der Straße ab und stürzen um. Manchmal direkt vor oder neben eine Hütte an der Strecke. Oder sie bleiben an allen möglichen und unmöglichen Stellen mit Pannen liegen. Abesichert wird mit einem "Warndreieck" aus frischen Zweigen auf der Straße vor der Kurve. Zu alledem reihen sich immer wieder tiefe Schlaglöcher bis hin zur Breite der gesamten Straße aneinander, die Rado zur Schrittgeschwindigkeit nötigen. Rado erweist sich hierbei mehr und mehr als sicherer und umsichtiger Fahrer - wobei seine Überholmanöver mir zu Hause mehr als nur böse Blicke vom Beifahrersitz eingebracht hätten. Aber hier gilt häufig das Motto: Überholen fördert Ihre Gesundheit! Denn hinter den alterschwachen Lkw oder auch Kleinbussen vom Typ Mercedes Sprinter (in der Regel mit geschätzt, aber nicht übertrieben 30 - 40 Insassen) zu bleiben, hieße weiter den beißenden Ruß einzuatmen, den diese in riesigen schwarzen Wolken ausstoßen. 


Unterwegs legen wir Pausen in Kleinstädten ein, wo der Verkehr auch - sagen wir mal - unübersichtlich ist, der sich aber anders zusammensetzt, als in der Hauptstadt. Hier dominieren die Fahrradrikschas, in die Antananarivo verboten sind und wegen der Berge in der Stadt wohl auch keine Chance hätten.  

Hauptnahverkehrsmittel Fahrradrikscha
Hauptnahverkehrsmittel Fahrradrikscha
Frisch, vielfältig und sehr appetitlich ist die Obstauswahl auf den lokalen Märkten
Frisch, vielfältig und sehr appetitlich ist die Obstauswahl auf den lokalen Märkten

Die letzen zwölf Kilometer der Strecke zu unserer nächsten Unterkunft haben es noch einmal in sich. Wir verlassen die Hauptstraße und ein unbefestigter Weg fordert von Rado noch einmal sein gesamtes fahrerischen Können (Bilder folgen später, denn sie sind auf der anderen Kamera, die ich hier nicht hochladen kann). Tiefe Spuren im lehmigen Untergrund, knietiefe Pfützen und Brücken, denen man nicht unbedingt auf den ersten Blick trauen möchte. Spätestens auf dieser Schlußetappe wären für mich mit dem Fahrrad Grenzen des Machbaren erreicht. 

Und wie schon in Tana (so nennen die Madegassen ihre Hauptstadt) stehen wir auch hier mitten im Regenwald am Ende eines kleinen schmutzigen Dorfes unversehens in einem kleinen Paradies. In einem privaten Park mit einem Ferienressort direkt am Kanal von Pangalanes beziehen wir für zwei Nächte unser Quartier in einer Hütte mit Blick auf den Kanal. Man lässt sich diesen Luxus allerdings für hiesige Preisverhältnisse auch fürstlich entlohnen, wie wir feststellen, als uns am Ende die Rechnung für das Essen und die Getränke präsentiert wird. Der Park ist auch ein Lemurenreservat und weil sie an Menschen gewöhnt sind, kommt man ihnen auch sehr nahe. 

Schon beim Frühstück kommen die Lemuren zu Besuch. Und während man einen fotografiert, räumt der andere den Frühstücktisch ab
Schon beim Frühstück kommen die Lemuren zu Besuch. Und während man einen fotografiert, räumt der andere den Frühstücktisch ab

Lemuren, Chamäleons, Frösche, Insekten - alles was man üblicherweise so mit Madagaskar verbindet, wollen wir am nächsten Tag mit einem lokalen Führer entdecken. Teilweise machen es die Tiere schon recht einfach, andere hätte man mit ungeübtem Auge im Leben nicht gefunden. 

Lemuren verschiedener Arten zu finden ist hier gar nicht so schwer - manchmal finden sie auch den Fotografen
Lemuren verschiedener Arten zu finden ist hier gar nicht so schwer - manchmal finden sie auch den Fotografen
Tierbabys sind doch immer soooo süß, auch kleine Lemuren
Tierbabys sind doch immer soooo süß, auch kleine Lemuren
Lemuren sind bestechlich. Für ein Stück Banane tun sie (fast)alles
Lemuren sind bestechlich. Für ein Stück Banane tun sie (fast)alles

Nicht ganz so kuschelig, nicht ganz so auffällig und trotzdem sind auch die anderen Regenwaldbewohner einen genaueren Blick wert...

Chamäleons sind meistens geduldige Fotomotive
Chamäleons sind meistens geduldige Fotomotive
auch die kleinen...
auch die kleinen...
Um den kleinsten Frosch Madagaskars zu finden, muss man schon sehr genau hinschauen. Dieser ist schon erwachsen!
Um den kleinsten Frosch Madagaskars zu finden, muss man schon sehr genau hinschauen. Dieser ist schon erwachsen!
Offenkundig haben auch Echsen ihren Stolz
Offenkundig haben auch Echsen ihren Stolz
Und hier mein Lieblingsfrosch: der Weiße Frosch, mit ca. 3 cm Größe schon ein echter Riese
Und hier mein Lieblingsfrosch: der Weiße Frosch, mit ca. 3 cm Größe schon ein echter Riese

In stockfinsterer Nacht geht es am Abend dann noch einmal auf die Prisch. Dazu fahren wir mit einem Motorboot auf eine Insel direkt am Indischen Ozean. Der Kanal von Pangalanes ist ein System von Seen, Flüssen und von den Franzosen während der Kolonialzeit angelegten künstlichen Kanälen, die mit zusammen mehr als 600 km Länge die längste künstliche Wasserstraße der Welt bilden. Sie verläuft parallel zur Küste des Indischen Ozeans und wurde wegen der rauen See angelegt, um Güter zu transportieren. Auf dieser Insel gibt es acht Lemuren von der Gattung Aye-Aye, von der es auf ganz Madagaskar nur noch etwa 200 gibt, weil sie als hässlich und deswegen als Unglückbringer gelten und deswegen von den Magegasse getötet werden. Auf dieser Insel sind sie vor Feinden jeglicher Art sicher und werden regelmäßig gefüttert, sodass die Wahrscheinlichkeit, sie zu sehen, recht groß ist, wenn das Wetter mitspielt: sie sind nämlich wasserscheu. Und warum der Regenwald Regenwald heißt, dass haben wir (zum Glück nur in den Nächten) reichlich erfahren - es hat wie aus Eimern geschüttet. Und das in der Trockenzeit.  

So häßlich ist der Aye-Aye nun wirklich nicht - trotz der langen Finger
So häßlich ist der Aye-Aye nun wirklich nicht - trotz der langen Finger

Am nächsten Morgen steht erst einmal eine längere Fahrt auf dem Kanal von Pangalanes auf dem Programm. Es geht 60 km nach Tamatave. Start im Regen, Ankunft bei Sonnenschein, dazwischen viele Fischer mit Einbäumen und Reusen, Wassertaxis, die ebenso überfüllt sind wie die Kleinbusse an Land und Ankunft in einem stinkenden Kanalhafen in der zweitgrößten Stadt der Insel, die so wenig zu bieten hat, dass ich hier auf Näheres verzichte - außer der Tatsache, dass an dem Stadtstrand keiner badet. Es ist zu gefährlich. Nicht wegen der Strömung oder der Brandung, sondern weil ganz in der Nähe eine Schlachthof seine Abwässer - und wahrscheinlich auch einige Abfälle - ins Meer leitet, was wiederum so viele Haie anlockt, dass keiner ins Wasser geht. Verständlich. 

Auch die Bilder von der Kanalfahrt werden nachgeliefert. 


Abends kommen wir in Andasibe an, wo wir noch eine kurze Nachtwanderung in den Nationalpark unternehmen und neben einigen Chamäleons, Fröschen... auch das Glück haben, den kleinsten Primaten der Welt zu Gesicht zu bekommen: einen Mausmaki. Winzig klein, nachtaktiv und in den Bäumen unterwegs. Zu den Fotos verweise ich auf das oben geschriebene. Gleiches gilt auch für die Lemurenfotos des heutigen Tages, die bei einer dreistündigen Wanderung im Nationalpark von Perinet entstanden sind. Nach dem kleinsten Lemur vom Vorabend begegnen dort wir heute dem größen Vertreter dieser Art, dem Indri - und noch ein paar anderen. 


Naja, und weil Chamäleons nun einmal Meister der Tarnung sind, machen wir es uns heute mit ihnen sehr einfach und gehen in eine Reptilienfarm, wo wir etliche dieser skurrilen Tiere aus nächster Nähe in den Sucher nehmen können. Einfach bizarr, faszinierend und auch ein bisschen unheimlich, insbesondere, wenn sie ihre Zunge herausschießen, um ihre Beute zu erwischen - die Zunge ist genauso lang wie der Körper. Und der kann schon mal 30 - 40 cm lang sein!

Mahlzeit!
Mahlzeit!
Sieht ein bisschen müde aus und bewegt sich auch sehr gemessenen Schrittes
Sieht ein bisschen müde aus und bewegt sich auch sehr gemessenen Schrittes
Die Lage am Baum scheint dem Chamäleon ziemlich egal zu sein
Die Lage am Baum scheint dem Chamäleon ziemlich egal zu sein
Hier hat es mit der Anpassung der Farbe an die Umgebung nicht so richtig geklappt. Unheimlich ist allerdings, wenn die Tiere ihre Augen unabhängig von einander bewegen - eins guckt schon mal nach hinten, das andere nach vorn
Hier hat es mit der Anpassung der Farbe an die Umgebung nicht so richtig geklappt. Unheimlich ist allerdings, wenn die Tiere ihre Augen unabhängig von einander bewegen - eins guckt schon mal nach hinten, das andere nach vorn

Wir sind wieder in Tana in demselben Hotel wie bei unserer Ankunft angekommen (und hier gibt es auch eine schnelle Internetverbindung, weswegen ich auch Text und Bilder einstellen kann). Morgen geht es weiter in den Südwesten der Insel, wo uns das Hochland mit seinen ausgedehnten Savannen erwartet. Ich werde weiter berichten. 

Die Tropen und ihre Tücken


Jeder, der in die Tropen reist weiß, dass dies mit gewissen Risiken verbunden ist. Das gilt umso mehr, wenn es sich bei dem Reiseziel um ein Land auf einem Entwicklungsstand hinsichtlich Einkommen, Bildung, Infrastruktur und Hygiene wie Madagaskar handelt. Also: Vorbeugen! Besondere Vorsicht in größeren Menschenmengen, beim Essen die üblichen Empfehlungen beherzigen und eine gut sortierte Reiseapotheke im Gepäck. Damit sollte es wohl gehen. Trotz allem hat es mich erwischt. Eine Magen-Darm-Verstimmung hat mir zugesetzt. Nichts Dramatisches, aber unangenehm, obwohl ich weiter einen ganz guten Appetit hatte und mein Aktionsradius um die nächste Toilette sich auch noch in einer ganz passablen Größenordnung bewegte. Auf Neudeutsch kann ich die Frage, wie es mir denn geht, getrost mit "Läuft!" beantworten. Nach ein paar Tagen ist aber alles überstanden, der Inhalt der Reiseapotheke hat sich bewährt. Obwohl es schon ein bisschen enttäuschend ist, dass mich mein sonst so robuster Magen im Stich gelassen hat... Unter Verdacht steht eine Chilipaste aus frischen, rohen Schoten, die ich in unserem Hotel in Antananarivo zum Abendessen bekommen hatte - am Morgen danach nahm das Elend seinen Lauf.

Das ganze Land ist in den letzten Tagen in Vorbereitung auf den 59. Unabhängigkeitstag von Frankreich. Überall wird geschmückt, Festplätze werden vorbereitet und Feuerwerk, Fahnen, Lampions und sonstiges Zeug für die Feier verkauft. Schon am Vortag des Nationalfeiertags, als wir die Hauptstadt verlassen, ist das Land schon in Feierlaune und viele Geschäfte haben bereits geschlossen. Nur die Märkte, die wir auf unserer Fahrt aus der Stadt in Richtung Süden passieren, sind noch praller gefüllt als sonst. Insbesondere lebendes Federvieh sieht recht gelassen seiner letzten Stunde am Fahrbahnrand entgegen.  

Selbst auf den Bürgersteigen der Brücken wird Lebendes für den Kochtopf angebogten
Selbst auf den Bürgersteigen der Brücken wird Lebendes für den Kochtopf angebogten


Auf so einer organisierten Rundreise wohl nicht zu umgehen, sind Besuche in Werkstätten, die Schmuck oder Souvenirs herstellen und natürlich zum Verkauf anbieten. Natürlich stehen solche Shops auch unserem Reiseplan, aber wegen des bevorstehenden Feiertags wird kaum gearbeitet und die Vorführungen wirken noch unglaubwürdiger, als dies ohnehin schon der Fall ist. Kaum zu glauben, dass ein üppig bestückter Laden mit allen möglichen Gegenständen aus Zebuhorn ausschließlich Produkte aus der Fertigung der kleinen Werkstatt anbietet, deren Inventar im Wesentlichen aus einem alten Waschmaschinenmotor besteht, wo dafür aber fünf Bänke für Touristen aufgereiht sind. 

Viel Improvisation - das Geheimnis, warum das Leben in Madagaskar doch irgendwie funktioniert
Viel Improvisation - das Geheimnis, warum das Leben in Madagaskar doch irgendwie funktioniert


Einer dieser Werkstattbesuche hat uns allerdings doch sehr betroffen gemacht. Kinderarbeit ist hier zwar generell selbstverständlich. Gerade auf den Märkten oder auf den Feldern sieht man überall selbst kleine Kinder mithelfen. Der Besuch einer Aluminiumgießerei ist aber wegen der Arbeitsbedingungen ziemlich erschütternd. Hier wird Aluminiumschrott eingeschmolzen und zu Gebrauch- und Ziergegenständen verarbeitet. Der "Fabrikhof" ist ein Hinterhof, in dem auch Schweine und Hühner gehalten werden, und in verschiedenen Öfen wird auf Holz- oder Holzkohlefeuer das Aluminium auf 600 Grad erhitzt, um dann in Form gegossen zu werden. Es sind Kinder zwischen 14 und 17 Jahren, die barfuß die Gußformen herstellen und dann das heiße, flüssige Metall verarbeiten - Arbeits- und Jugendschutz sind hier ungefähr so weit weg wie der Mond.

Nichts schützt die Kinder vor Dämpfen, Hitze oder Staub
Nichts schützt die Kinder vor Dämpfen, Hitze oder Staub
Körperliche Schwerstarbeit
Körperliche Schwerstarbeit


Abends landen wir in einem Hotel in Ambositra. Die Straßen sind übervoll mit Menschen, die in den Nationalfeiertag hineinfeiern wollen, und auch in  einer Diskothek direkt neben dem Hotel geht es die ganze Nacht hoch her. Während des gesamten Abendessens wird im Fernsehen über etwa 45 Minuten live ein gigantisches Feuerwerk aus der Hauptstadt übertragen. Auch in Ambositra gibt es ein großes Feuerwerk - ich hätte in diesem Land sehr viele Ideen, wie man das Geld sinnvoller ausgeben könnte...

Am 26.06. ist dann der eigentliche Feiertag, und es wird tatsächlich von den Menschen gefeiert. Man hat sich herausgeputzt, gearbeitet wird nicht, und überall finden Umzügen aller möglichen Institutionen statt. In einer kleinen Stadt ist die Ortsdurchfahrt wegen eines solchen Umzuges gesperrt und wir werden umgeleitet. Unversehens stehen wir direkt vor der Prozession und es geht nicht vor und zurück. Also aussteigen und mitten hinein in das bunte, fröhliche Treiben. Bald sind wir einer riesigen Menschenmenge umringt, die uns neugierig ansehen und einer Dreierkombo spielt für uns auf. Alle sind bester Laune, niemand bedrängt uns, niemand bettelt!

Mittendrin im Feiertagstrubel
Mittendrin im Feiertagstrubel


Am späten Nachmittag erreichen wir unser Quartier für die nächsten beiden Nächte im Nationalpark Ranomafana. Wir sind wieder mitten im Regenwald und trotz der Trockenzeit ist alles triefnass. Mit einbrechender Dunkelheit fahren wir noch einmal ein Stück raus, um noch einmal auf die "Pirsch" nach Mausmakis zu gehen. Prisch ist zwar etwas hoch gegriffen, denn wir fahren an eine Stelle, wo die Kleinen von den Mitarbeitern des Nationalparks regelmäßig mit Bananenpaste an zwei Bäumen angefüttert werden, anders hätten wir aber wohl überhaupt keine Chance, die tatsächlich nur mausgroßen, nachtaktiven Tiere zu Gesicht zu bekommen.

Schon mehrfach habe ich wegen der Fotos auf unsere Rückkehr nach Deutschland verwiesen. So auch jetzt. Das hat schlicht damit zu tun, dass wir zwei Kameras dabei haben und die "Große", bessere von beiden, produziert Bilddateien in einer Größe von 40MB - die kann ich hier nicht bearbeiten und ihr wollt sie nicht herunterladen. 

Es folgen noch ein paar Nachtaufnahmen von Chamäleons und Fröschen und dann geht es zurück ins Hotel, denn am nächsten Tag steht eine lange Wanderung in den Wald auf dem Programm. 

Don't panic!


Regenwald! Obwohl es heute nicht regnet ist alles triefnass. Es geht lange, schmierige Wege berauf und bergab und zwei örtliche Guides führen auf der Suche nach möglichst vielen der hier lebenden zwölf Lemurenarten auf so verqueren Wegen durch den Wald, das wir allein nie wieder rausgefunden hätten. Die Artenvielfalt muss gigantisch sein, allerdings ohne jemanden, der sie einem auch tatsächlich zeigt und erklärt, sieht man nur grün. Wir sehen auch immer wieder hoch oben in den Bäumen Lemuren, von denen auch schöne Fotos für später entstanden sind. Einmal führt unser Guide uns an eine Stelle, wo er einen Schwarzschwanzgekko gefunden hat. Er grenzt den Bereich, wo sich das nur fünf Zentimeter lange Tier befindet, auf etwa einen halben Quadratmeter ein. Eigentlich sind es nur ein paar kahle Äste und Ranken, und trotzdem haben wir zu zweit keine Chance das perfekt an seine Umgebung angepasst Wesen zu finden. 

Zu den Gesundheitsrisiken der Tropen habe ich ja schon einiges gesagt. Susanne ist in dieser Hinsicht übervorsichtig. Sozusagen Hosenträger UND Gürtel. Gegen Mückenstiche kann man wohl kaum mehr tun. Malariaprophylaxe ist ein Selbstgänger, von Kopf bis Fuß mückensichere und mückentötende Kleindung ein Muß, über Mückenabwehrspray reden wir gar nicht erst und ein Moskitonetz und -schlafsack runden das Arsenal für die Nacht ab. Aber es gibt ja noch mehr als nur Moskitos! Mitten in der Wanderung durch den Dschungel bleibt unser Guide unvermittelt stehen, sagt nur kurz: "Don't panic!" (jeder der in dieser Hinsicht ein bisschen geschult ist, weiß, dass dieses Schlüsselwort der sicherste Weg ist, eine Panik auszulösen) und faßt ihr unter das mückensichere Halstuch und zieht einen kleine Blutegel vom Hals, der sich dort festgesaugt hatte. Ein Anflug von Ekel ist die Folge, für Panik bleibt keine Zeit. Übrigens findet sich nach dem Duschen bei Susanne noch ein zweiter dieser kleinen Blutsauger unter dem Mittelfuß - man kann sich wirklich nicht vor allem schützen.

Camp Catta

Der Name des Camps ist Programm. Täglich zieht eine Großfamilie Kattas fressend durch das Camp
Der Name des Camps ist Programm. Täglich zieht eine Großfamilie Kattas fressend durch das Camp

Wir verlassen den Nationalpark Ranomafana in strömendem Regen. An diesem Tag wäre eine Wanderung im Wald eine echte Herausforderung geworden und die Kamera wäre nicht aus der Tasche gekommen. Schon bei unserer Wanderung sind mir immer wieder die Linsen der Objektive beschlagen, obwohl es nicht geregnet hat. Der Regen begleitet uns den ganzen Tag, bis wir am Nachmittag nach am Ende einer 20 km langen abendteuerlichen Piste den Nächsten Nationalpark im Andrigitra-Gebirge erreichen. Hier ist es immerhin trocken, wenn auch die Berge rundum in den Wolken liegen. Dafür zieht eine Horde der wohl bekanntesten Lemuren, die Kattas mit ihrem schwarzweiß geringelten Schwanz, durch das Camp und zieht die gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Sie lassen sich durch nichts stören und fressen so ziemlich alles, was ihnen in die Pfoten kommt. 

Wie ein riesiges Chamäleon sieht der Gipfel des gleichnamigen Berges aus
Wie ein riesiges Chamäleon sieht der Gipfel des gleichnamigen Berges aus

Einer der Berge, den wir von unserem Camp aus sehr gut sehen können, sieht so aus, als läge der Länge nach ausgebreitet ein Chamäleon auf  seinem Gipfel. Seinen Rücken erreichen wir am nächsten Tag nach ca. drei Stunden und 1000 Höhenmetern und werden mit einem herrlichen Rundumblick und schmerzenden, weil untrainierten Knochen belohnt. Auf dem Weg zurück kommen wir noch durch zwei der schon sehr abgelegenen Dörfer und besichtigen hier eine Krankenstation - wir leben in Deutschland in einem Paradies!

Ein Paradies für Bergsteiger - 600m senkrechter Felsen - nix für uns!
Ein Paradies für Bergsteiger - 600m senkrechter Felsen - nix für uns!
Ein Blick in die örtliche Krankenstation - Gesundheit ist ein sehr hohes Gut...
Ein Blick in die örtliche Krankenstation - Gesundheit ist ein sehr hohes Gut...

Durch eine schier endlose, trockene Grassteppe sind wir im nächsten Nationalpark angekommen und die nächste lange Wanderung steht morgen auf dem Programm - und wie immer werde ich weiter berichten.

Szenenwechsel auf Madagaskar


Seit meinem letzten Zwischenbericht sind wir weit herumgekommen. Aus dem Hochland kommend ging es an die Südwestküste, dann per Inlandsflügen mit einer Zwischenübernachtung in der Hauptstadt Antananarivo an die entgegengesetzte Ecke im Nordosten, und jetzt sind wir auf der Ferieninsel Nosy Be angekommen, wo wir noch ein paar Tage vor unserem Rückflug ausspannen können. Urlaub vom Urlaub??? Aber der Reihe nach. 


Camp Catta liegt hinter uns, und wir fahren auf der "Autobahn Madagaskars" weiter Richtung Südwesten. Autobahn ist zwar reichlich hoch gegriffen, allerdings ist die Straße tatsächlich die Beste, die wir hier bisher gesehen und befahren haben. Die Landschaft hat sich komplett geändert, und wir fahren durch weite Grassavanne, weswegen die Straße auch fast geradeaus führt und man für eine 200km-Etappe nicht den ganzen Tag veranschlagen muss. Irgendwie fühlt es sich an, als wären wir im Wilden Westen angekommen. Und das liegt nicht nur an der prärieähnlichen Landschaft. Waren Zebus bisher nur vereinzelt oder in sehr kleinen Herden zu sehen, grasen sie hier reichlich in der Landschaft, und einmal kommt uns ein riesiger Treck von mehreren hundert Tieren entgegen, die auf dem mehrtägigen Weg zum größten Viehmarkt in der Gegend sind - Szenen wie aus einem Edelwestern, nur die Cowboys gehen hier zu Fuß. 

Sylvio hatte uns immer wieder erklärt, welch ein Reichtum ein Zebu darstellt. Umgerechnet 400 Euro ist so ein Tier hier wert - ein Vermögen, wenn man sich vor Augen führt, dass das durchschnittliche Monatseinkommen bei 50 - 100 Euro liegt. Und dann diese gigantischen Herden! Und dabei sind die Hütten, die wir passieren, deutlich ärmlicher als die Lehmziegelhäuser in der Gegend, durch die wir die letzte Zeit gefahren sind - man zeigt seinen Reichtum einfach nicht. Dafür ist der Zebu-Diebstahl hier ein großes Thema. Frührer ein Tradition, mit der junge Männer ihren Mut bewiesen, heute schlichte Kriminalität. Und auch deswegen laufen hier viele Menschen mit geschulterten Gewehren auf der Straße. Ich bleibe dabei: Wildwest.

Auf dem großen Treck zum Viehmarkt. Das Zebu ist alles: Kapital, Arbeitstier, Essen...
Auf dem großen Treck zum Viehmarkt. Das Zebu ist alles: Kapital, Arbeitstier, Essen...


Sylvio wird nicht müde, uns über die 18 verschiedenen Ethnien des Landes zu berichten und in wessen Gebiet wir uns befinden. Zu seiner Abstammung betont er gern, dass man doch schon an der Hautfarbe erkennen könne, dass seine Vorfahren asiatischer Herkunft seien. Je weiter wir nach Westen kommen, weist er uns immer wieder darauf hin, dass die Menschen hier immer "afrikanischer" aussehen und jetzt bittet er uns auch, das Fahrzeug nicht für Fotos zu verlassen, weil wir dann sofort von den Menschen bedrängt und angebettelt werden, was bisher tatsächlich nicht der Fall war. Und hier laufen Kinder und Erwachsene sofort los, wenn wir auch nur anhalten.

Deswegen bleibt es auch bei Eindrücken im Vorbeifahren, als wir durch zwei echte Wildweststädte kommen. Denn zum echten Wilden Westen gehört natürlich auch ein Goldrausch. Gold ist es hier zwar nicht, aber Saphiere werden hier mit primitivsten Mitteln aus dem Boden geholt - von Glücksrittern aus ganz Madagaskar. Allerdings wird in den Orten auch deutlich, dass nicht die Minenarbeiter das Geschäft machen, sondern die Eigentümer schicker Häuser und teurer Luxusgeländewagen, die die Edelsteine aufkaufen und weiterverarbeiten - meistens indischer oder thailändischer Herkunft. 

Faszinierend sind auch die ersten Baobab-Bäume, an denen wir vorbeikommen, diese eigentümlichen Riesen mit dem dicken Wasserspeicher - Stamm genannt - und  der spärlichen, jetzt in der Trockenzeit kahlen Krone, die locker ein paar tausend Jahre alt werden können. Obwohl Brennholz hier offenkundig Mangelware ist, werden die Baobabs nicht angerührt. Zum einen ist ihr Holz zu nichts zu gebrauchen, zum anderen gelten sie als Sitz der Ahnen und sind deswegen unantastbar - Glück gehabt.

Ein Markenzeichen Madagaskars: die Baobab-Bäume
Ein Markenzeichen Madagaskars: die Baobab-Bäume


Wir kommen dem nächsten Nationalpark und damit unserem nächsten Ziel näher. Schon von weitem sind die Berge des Isalo Nationalparks in der Ebene zu erkennen. Wir landen in einer gleichnamigen "Ranch", einer von einer deutschen Eigentümerin geführten Touristenunterkunft - und irgendwie komisch, man merkt den Unterschied zwischen typisch madagassisch und typisch deutsch...

Wir wollen wieder einmal im Nationalpark wandern und sammeln deswegen im Ort den obligatorischen lokalen Guide ein, der uns den Park zeigen soll. Ich bin nicht sicher, ob wir unsere Begleiter mit den Kameras und dem Interesse an allem, was kreucht und fleucht, in den Wahnsinn treiben, oder ob sie tatsächlich auch Spaß dran haben, uns die Besonderheiten der hiesigen Flora und Fauna zu zeigen - und an den fotografischen Ergebnissen. Immerhin sind sie freundlich-zurückhaltend und professionell genug, sich nichts anmerken zu lassen, wenn die Touren mal wieder Stunden länger dauern als üblich.

Kleines Suchbild: Wo ist die Stabheuschrecke - in der Natur für uns noch schwerer zu entdecken
Kleines Suchbild: Wo ist die Stabheuschrecke - in der Natur für uns noch schwerer zu entdecken
Einer meiner Favoriten in der örtlichen Pflanzenwelt: der Elefantenfuß
Einer meiner Favoriten in der örtlichen Pflanzenwelt: der Elefantenfuß
Weites Land - der Blick vom Isalo-Gebirge in die Grassavanne
Weites Land - der Blick vom Isalo-Gebirge in die Grassavanne
Traditionelles Grab in einer Felshöhle im Nationalpark - eine Begräbnisritus, der bis heute gepflegt wird
Traditionelles Grab in einer Felshöhle im Nationalpark - eine Begräbnisritus, der bis heute gepflegt wird
Da ganz oben sind wir gewandert...
Da ganz oben sind wir gewandert...


Verblüffend in dieser Umgebung sind nicht nur die Felsformation und die perfekt angepassten Pflanzen und Tieren. Verblüffend ist auch die komplett andere Welt in den Schluchten, in denen es Wasser gibt. Hier ist das pralle grüne Leben, das wir uns auch bei einer zweiten Wanderung noch näher angesehen haben.

Es wirkt ein bisschen so, als geht man durch einen bontanischen Garten
Es wirkt ein bisschen so, als geht man durch einen bontanischen Garten
Ein Wasserfall ist doch immer wieder ein Hingucker - auch wenn es ein kleiner ist. Die Umgebung macht's!
Ein Wasserfall ist doch immer wieder ein Hingucker - auch wenn es ein kleiner ist. Die Umgebung macht's!


Letzte Etappe mit Sylvio und Rado auf unserer Tour durch Madagaskar. Wir kommen in Toliaria direkt an der Straße von Mosambique an. Ich muss hier in der "Großstadt" erst einmal Geld wechseln. Also steuern wir eine Bank in der Innenstadt an. Die Schalterhalle ist brechend voller Menschen und es werden Nummern gezogen. Nur quälend langsam geht es scheinbar sehr kompliziert und bürokratisch vorwärts, und ich bekomme Zweifel, ob ich in der verbleibenden Stunde bis zum Ende der Öffnungszeiten noch dran komme. Aber kein Problem Sylvio geht zu einem der Bankangestellten am Schalter, spricht kurz mit ihm und als Übernächster bin ich dran. Ich habe keine Ahnung, wie und was da passiert ist. Von Sylvio bekomme ich jedenfalls keine plausible Erklärung. Und Geld ist nicht geflossen. 

Wir fahren noch ein kleines Stück auf der wahrscheinlich besten Straße von Madagaskar bis zu unserer Unterkunft direkt am Strand mit Panoramablick über das Meer - eine Traumlage. Da stört es auch nicht, dass es Strom nur stundenweisen gibt. Nur eine grobe Ungerechtigkeit gibt es in diesem Hotel. Beim Essen werden deutliche Unterschiede zwischen Gästen und Einheimischen gemacht. Unsere beiden Begleiter bekommen zwar dasselbe Essen wie wir, allerdings sind ihre Portionen exakt doppelt so groß wie unsere. Sie bekommen einen ganzen Fisch, wir jeweils eine Hälfte als Filet. Und die Reisportion ist auch verdoppelt. Darauf angesprochen erklärt Sylvio ganz selbstverständlich, dass Madegassen nun einmal einen großen Appetit haben. Das Spiel wiederholt sich auch am nächsten Abend völlig selbstverständlich - mir wäre ein ganzer Fisch auch nicht zuviel gewesen...

Am Ozean angekommen - Einbäume aus Balsaholz sind das übliche Arbeitsgerät der Fischer
Am Ozean angekommen - Einbäume aus Balsaholz sind das übliche Arbeitsgerät der Fischer
Alles ist Eigenbau. Hier wird gerade ein Paddel mit der Axt hergestellt
Alles ist Eigenbau. Hier wird gerade ein Paddel mit der Axt hergestellt
Hier sehen wir erstmals viele junge Menschen beim abendlichen Sport. Die beiden Frauen drehen ihre Runden um den "Sportplatz", das Gesicht mit der tradionellen Maske zum Schutz gegen die Sonne eingeschmiert
Hier sehen wir erstmals viele junge Menschen beim abendlichen Sport. Die beiden Frauen drehen ihre Runden um den "Sportplatz", das Gesicht mit der tradionellen Maske zum Schutz gegen die Sonne eingeschmiert
Ein Blick in die Küche - Wasser muss in den 20-l-Kanistern geholt werden
Ein Blick in die Küche - Wasser muss in den 20-l-Kanistern geholt werden
Kinder sind doch immer wieder dankbare Fotomotive
Kinder sind doch immer wieder dankbare Fotomotive


Der letzte Tag hier im Südwesten ist dem Besuch von zwei kleinen privaten Parks vorbehalten. Der eine ist ein 60 ha großer Baobab Park, in dem mehr als 600 dieser Riesen in einem hier typischen Dornenwald stehen - zum Glück sind Wege angelegt. Ein Durchkommen wäre sonst nur mit Kettensäge möglich gewesen, und die habe ich hier noch nirgends gesehen. 

Danach gehen wir noch in eine Schildkrötenauffang- und -zuchtstation. Hier werden insgesamt 7000 Schildkröten unterschiedlicher Alterstufen und Arten gehalten und im Alter von ca. 15 Jahren ausgewildert. Die Tiere stammen teilweise aus eigener Zucht, teilweise aus beschlagnahmten Schmuggelsendungen - große Tiere werden auf dem Schwarzmarkt bis zu 2000 $ gehandelt! Eine unglaubliche Sauerei!

Eine von 700 - in diesem einen Gehege. Aber es gibt viele!
Eine von 700 - in diesem einen Gehege. Aber es gibt viele!


Wir nehmen Abschied von Sylvio und Rado. Ein letztes gemeinsames Frühstück bei Stirnlampenlicht, und dann bringen sie uns zum Flughafen von Toliara. Sie fahren die Strecke, die wir gekommen sind, in zwei Tagen nach Tana zurück, wir fliegen mit einer Zwischenlandung ganz im Süden zurück in die Hauptstadt, wo wir von Sylvios jüngerem Bruder erwartet werden.

Kulturschock in der Hauptstadt


Tananarivo hatte uns bei unserer Ankunft schockiert. Die Armut, das Chaos, der Dreck, die vielen Menschen. Aber inzwischen haben wir auf dem Land so vieles gesehen, dass uns die Situation in Tana jetzt nicht mehr erschüttern sollte. Nach problemlosen Flügen mit Air Madagaskar treffen wir Elysee auf dem Flughafen. Er wird mit uns eine Stadtrundfahrt, einen Gang durch die Oberstadt machen und uns bei einigen Erledigungen unterstützen. Erstmal ein paar Sachen einkaufen und etwas essen. Dazu fahren wir vom Flughafen auf einem anderen Weg in die Stadt als bei der ersten Ankunft. Und wir erreichen ein modernes Einkaufszentrum mit vielen modernen Geschäften und Boutiquen, einem Supermarkt und einer Fressmeile, die mit mittelprächtigen Einkaufszentren in Europa durchaus mithalten könnten. Alles hatten wir hier erwartet, aber nicht das! Nichts annähernd Vergleichbares hatten wir in den letzten zwei Wochen gesehen. Und es führt uns noch einmal das gigantische Gefälle zwischen den wenigen Reichen und der Masse der Habenichtse vor Augen. 

Mit den üblichen Warnungen vor Taschendieben in der Hauptstadt beginnen wir dann unseren Gang durch die Innenstadt - alles ohne Probleme, aber auch ohne besondere Erlebnisse oder Eindrücke. Wir übernachten das dritte Mal im Hotel Gregoire, das wir am nächsten Morgen um 04.30 Uhr schon wieder verlassen, um noch eine andere Ecke der Insel, nämlich den Norden kennen zu lernen. 

Willkommen im echten Norden


Nein - die Dachmarke Schleswig-Holsteins hat man hier nicht kopiert. Aber Juleot, unsere neuer Guide für die kommenden Tage, ist hier zu Hause und stolz auf seine Heimat, was er immer wieder verdeutlicht. Er holt uns vom Flughafen ab mit einem neuen Typ Fahrer. Anders als Rado, der sehr vorsichtig und umsichtig fährt und auch sonst sehr zurückhaltend ist, haben wir es jetzt mit einem Fahrer vom Typ Bodyguard zu tun. Er hält das Lenkrad so, als wäre er beim traditionellen Zebukampf, bei dem der Stier bei den Hörnern gepackt und versucht wird, ihn zu Boden zu bringen. Dazu passend hat er auf dem Heck des Toyota  Fortuner Logo und Schriftzug der berüchtigten Wüstenrallye Dakar - dort findet er wohl seine Vorbilder, denn bei ihm gibt es nur Vollgas oder Bremse. Zugegeben, die Nationalstraße 6 ist in einem Zustand, wie wir ihn noch nicht gesehen haben - Juleot spricht bei den großen Schlaglöchern von Meteoritenkratern, was es auch deutlich besser trifft. Diese Straße in der Regenzeit ist wahrscheinlich von vielen Fahrzeugen nicht mehr passierbar. Deswegen muss man wohl etwas ruppiger fahren, und Rado wäre im Schritttempo sicher sehr viel länger unterwegs gewesen. Allerdings kommen uns Fahrer und Auto schon am Abend des zweiten Tages abhanden - die Bremsen machen nicht mehr mit - bei dem Fahrstil ein nicht ganz unwichtiges Fahrzeugteil, der Defekt aber auch keine echte Überraschung. Wir sehen beide nie wieder, denn es ist Wochenende und die nächste Werkstatt weit. Ersatz ist aber schnell gefunden, außerdem stehen wieder lange Wanderungen an, und dazu gebraucht man bekanntlich kein Auto

Einer geht noch, einer geht noch rein - vielleicht aber auch ein paar mehr
Einer geht noch, einer geht noch rein - vielleicht aber auch ein paar mehr
Tuk-Tuk - überwiegend Piaggio - prägen in den Städten des Nordens das Straßenbild und auch da passen mehr als 10 Menschen rein
Tuk-Tuk - überwiegend Piaggio - prägen in den Städten des Nordens das Straßenbild und auch da passen mehr als 10 Menschen rein
Antsiranana ist den nördlichste Stadt Madagaskars und der Ort, wo erstmals Europäer landeten. Viele Bauten aus der Kolonialzeit prägen noch das Stadtbild, sind aber teilweise auch dem Verfall preisgegeben
Antsiranana ist den nördlichste Stadt Madagaskars und der Ort, wo erstmals Europäer landeten. Viele Bauten aus der Kolonialzeit prägen noch das Stadtbild, sind aber teilweise auch dem Verfall preisgegeben
Etwas ist neu hier im Norden: Khat wird an jeder Straßenecke verkauft und insbesondere von den Männern konsumiert
Etwas ist neu hier im Norden: Khat wird an jeder Straßenecke verkauft und insbesondere von den Männern konsumiert


Wie alle andere Reiseführer, die wir bisher hatten, hat auch Juleot eine bemerkenswerte Gabe, auch die bis hin zur Unsichtbarkeit getarnten Tiere zu finden. Schon bei einer ersten kleinen Wanderung in das Bernsteingebirge beeindruckt er uns, indem er quasi im Vorbeigehen nur 3 cm große erdfarbene Chamäleos am Boden findet oder den perfekt getarnten Blattschwanzgecko auf Bäumen entdeckt, wo wir direkt davor stehen und trotz Hinweis nichts sehen. Der Bildbeweis folgt. Es ist noch immer kein Primärwald, den wir hier besuchen, aber immerhin gibt es richtige Baumriesen und die Natur darf sich hier ungestört entfalten. Chamäleons, Lemuren, Geckos werden inzwischen für uns zum Alltag - bleiben aber trotzdem faszinierend. 

Ein landschaftliches Highlight liegt aber noch vor uns, und zwar die roten Tsingys. Zwei Schluchten und darin die Sandsteingebilde, die durch Erosion entstanden sind. Der Blick von oben ist schon bizarr, faszinierend ist es, sich zwischen den Zinnen zu bewegen.

Abends schließt sich in unserer neuen, bisher schlichtesten Unterkunft, noch eine Nachtwanderung an und auch hier beweist Juleot sein Geschick, Tiere zu entdecken. Wieder ist es ein Blattschwanzgecko, der allerdings auch nachtaktiv und deswegen besser zu finden ist, den er im Dickicht entdeckt und dazu auch noch einen Mausmaki - und diesmal an einer Stelle, wo sie nicht regelmäßig angefüttert werden - Bildbeweis folgt. 

Die roten Tsingys
Die roten Tsingys


Die letzte große Wanderung steht noch im Nationalpark Ankarana bevor - mit den schwarzen Tsingys. Unser Camp liegt direkt am Parkeingang. Wieder sind es die Pflanzen, die Tiere - und hier vor allem die schlafenden, sonst nachtaktiven Makis -, Höhlen und natürlich das Gewirr er Tsingys, die mit denen vom Vortag so rein gar nichts zu tun haben. Hier ein paar Bilder...

Echte Baumriesen - ein Ficus, nicht fürs Wohnzimmer geeignet
Echte Baumriesen - ein Ficus, nicht fürs Wohnzimmer geeignet
Nicht fair, schlafende Makis mit dem Blitzgerät zu wecken - musste aber sein
Nicht fair, schlafende Makis mit dem Blitzgerät zu wecken - musste aber sein
Und auch hier gibt es Baobabs. Der hier ist ca. 800 Jahre alt
Und auch hier gibt es Baobabs. Der hier ist ca. 800 Jahre alt
Natürlich Chamäleons...
Natürlich Chamäleons...
Und das sind die berühmten Schwarzen Tsingys - es ist eine Farbaufnahme, einschließlich der Pflanzen
Und das sind die berühmten Schwarzen Tsingys - es ist eine Farbaufnahme, einschließlich der Pflanzen
Todesmutig...
Todesmutig...
Es gibt auch etwas Grün in dem Grau
Es gibt auch etwas Grün in dem Grau

Die Wanderung ist auf 5 - 6 Stunden ausgelegt. Natürlich brauchen wir mal wieder etwas länger. Nach acht Stunden sind wir wieder im Camp. Das lässt sich natürlich nicht ohne eine Rast überstehen, zu der uns auch ein Picknick gebracht wird. Diese Rastplatz ist auch bei den Kronenlemuren bekannt und beliebt und kaum sind wir da, kommt auch eine ganze Familie zu Besuch. Natürlich haben wir sie nicht gefüttert. Aber der Fund des Tages für die aufdringlichen Tiere ist mein Cap. Bei der Hitze hatte ich ein bisschen geschwitzt. Und auf das Salz haben sie sich gierig gestürzt!

Sie wollten die Mütze nicht wieder hergeben
Sie wollten die Mütze nicht wieder hergeben
Und auch der Trageriemen der Kamera war hochinteressant - es bedurfte einer eindringlichen Ermahnung, nicht auch noch die Frontlinse abzuschlecken
Und auch der Trageriemen der Kamera war hochinteressant - es bedurfte einer eindringlichen Ermahnung, nicht auch noch die Frontlinse abzuschlecken
Letzte Station der Wanderung eine riesige Höhle, die hunderten Flughunden als Schlafplatz für den Tag dient
Letzte Station der Wanderung eine riesige Höhle, die hunderten Flughunden als Schlafplatz für den Tag dient

Wir habe die letzte Station unserer Reise erreicht. Heute Morgen hat Juleot mit einem kurzfristig engagierten anderen Fahrer am Hafen abgesetzt, wo wir uns verabschiedeten und mit einem kleinen Boot auf die Ferieninsel Nosy Be gefahren sind. Hier verbringen wir die letzten drei Nächte unserer Reise uns lassen es uns noch gut gehen - mal sehen, ob es noch etwas zu berichten gibt, ansonsten werde ich zu Hause noch mal die besten Bilder heraussuchen und in eine kleine Galerie einstellen. Kann aber ein paar Tage dauern - auf der großen Kamera sind ca. 2500 Bilder. Von der kleinen habt ihr ja schon eine kleine Auswahl gesehen.

 

Die Reise haben wir übrigens bei TRAILS Natur- und Erlebnisreisen  aus Kempten gebucht. Wegen der sehr individuellen Organisation, Planung und Durchführung und des sehr persönlichen Kontakts können wir diesen Veranstalter mit gutem Gewissen für eine Reise nach Madagaskar empfehlen.