Auf dem Drahtesel durch den wilden Westen...

"Utah im September" war Bill's Empfehlung vor zwei Jahren als wir uns vor zwei Jahren in Patagonien trafen und eine Weile zusammen durch die Anden radelten. Also Utah im September! Vier Wochen geht's durch Halbwüsten des Südens und durch die Landschaften, die zahlreichen Edelwestern als Kulisse dienten - und wieder werde ich hier in Wort und Bild berichten. Ihr seid herzlich eingeladen mich zu begleiten und freue mich auf eure Kommentare und Anregungen.

Wer kennt Saint George? Okay. Ist nicht gerade eine der Metropolen der USA. Aber immerhin gibt es hier einen Flughafen, den man von Hamburg innerhalb eines Tages erreichen kann und in der südwestlichsten Ecke Utahs gelegen der ideale Ausgangspunkt, die Nationalparks beiderseits der Grenze zu Arizona zu erkunden. Vier Wochen nehme ich mir Zeit, ostwärts nach Denver/Colorado zu radeln, neugierig auf alles was kommt und ob die USA und die Amerikaner meine Vorbehalte und Vorurteile bestätigen ;-)

Mitten rein

Nein, in Ruhe in den Urlaub starten, sieht anders aus. Am Donnerstag noch bis 17.00 Uhr im Büro, dann den Abwesenheitsassistenten aktivieren, nach Hause, die letzten Sachen packen und um 03.00 Uhr wieder aufstehen, um rechtzeitig in Hamburg am Flughafen zu sein. Dass ich dabei ein bisschen neben mir stehe, merke ich erst unterwegs, als ich die Wanderschuhe an meinen Füßen realisiere - Fahrradschuhe sind eigentlich angesagt. Aber zum Wechseln ist es in Paris definitiv zu spät. Aber es wird auch so gehen und mir ist meine Hauptausrede genommen, warum ich so wenig wandere, wenn ich unterwegs bin. Hamburg - Paris - Salt Lake City - St. George. Alles problemlos. In Salt Lake City dann die Einreiseprozedur, bei der man sich schon mal wie ein Straftäter fühlen darf, wenn der Zehnfingerabdruck gescannt und ein digitales Foto aufgenommen werden - weiß man ja, braucht man sich also nicht drüber beklagen. Entgegen der Auskunft beim Einchecken muss ich in Salt Lake City mein Gepäck noch einmal in Empfang nehmen und erneut aufgeben. Und hier fängt mein erstes kleines Problem mit den Einreisebehörden an. Denn beim Auspacken am Zielort fallen mir drei kleine Zettel aus meinem Packsack entgegen: Mein Gepäck wurde zur Kontrolle geöffnet (als hätte ich es geahnt, hatte ich aus Versehen den Schlüssel im kleinen Vorhängeschloss vergessen - so brauchte es zumindest nicht aufgebrochen zu werden). Aber es fehlt meine Brennstoffflasche einschließlich Pumpe. Auch das weiß man, dass keine brennbaren Flüßigkeiten im Flugzeug transportiert werden dürfen. Aber die Flasche war neu, unbenutzt und leer! Das Denken ist allen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart! Zum Glück habe ich einen Allesbrenner und finde am nächsten Tag auch recht schnell eine passende Gaskartusche.
Fahrrad zusammenbauen, Sachen umpacken und dann verlasse ich vermutlich als letzter Fluggast den kleinen Flughafen von St. George und mache mich mehr als 24 Stunden, die ich inzwischen unterwegs bin, in der Abenddämmerung auf den Weg in die Stadt, um mir einen Campingplatz zu suchen. Selbst in der anbrechenden Dunkelheit herrschen noch Temperaturen um 29 Grad.

Ein erster Eindruck von den roten Bergen Utahs in der Abendsonne auf dem Weg vom Flughafen nach St. George

Ein toller Sonnenuntergang ueber der Wüste

Bei Dunkelheit finde ich einen Campingplatz in St. George direkt am stark befahrenen Highway von Los Angeles nach Salt Lake City. Egal. Ich bin so müde, dass ich von dem Verkehrslärm nichts mitgekommen.

Zion National Park

Gleich am ersten Tag meiner Reise ist ein Highlight das Ziel: der Zion National Park. Im dichten Wochenendverkehr verlasse ich nach einem typisch amerikanischen, extrem üppigen Fruehstück (wie war das doch gleich? Keiner versteht es wie die Amerikaner, Kalorien zu verdichten...) und mit einem kleinen Lebensmittel- und einem großen Getränkevorrat die Stadt. Es ist heiß! Die Temperaturen steigen am Lenker aus 42 Grad. Dazu kommen lange Steigungen und mir stecken noch die Anreise und die acht Stunden Zeitverschiebung in den Knochen. Das wird hart. Nach einem kleinen Mittagsimbiss sinken die Temperaturen leicht und ich fahre mitten in einen Gewitterregen hinein, in dem  die Temperaturen auf angenehme 22 Grad fallen und die nassen Klamotten sind eine willkommene Erfrischung. Leider ist die Sicht auf die grandiose Landschaft nur noch halb so schön - aber immer noch spektakulär!

Große Berge im trüben Licht kurz vor dem Gewitter

Auch das ist wohl typisch Amerika...

Am Parkeingang erwerbe ich für 80$ das Jahresticket fuer alle Nationalparks und mit viel Glück bekomme ich für eine Nacht auch noch einen  Stellplatz auf einem der fünf Campingplätze im Park - es ist das Wochenende bevor die Sommerferien enden und offenkundig ist jeder, der einen fahrbaren Untersatz hat unterwegs und selbst für einen Radler mit Zelt kann es da schwierig werden, einen Platz abzubekommen.

Der Parkeingang zum Zion National Park

Die Kontaktfreude der Amerikaner hat schon etwas und während ich noch beim Zeltaufbau bin, bekomme ich auch schon eine Einladung zum Abendessen einer größeren Gruppe, die die Nachbarstellplätze besetzen und gleich dazu den Platz für die zweite Nacht, die ich hier verbringen möchte, denn morgen ist eine Wanderung in die Schlucht "The Narrows" geplant.
Mit dem kostenlosen Shuttle fahre ich bis an das Ende der Straße dann geht es zu Fuß weiter. Ein kurzes Stück auf einem befestigten Weg, dann im Flussbett und überwiegend im Wasser, dass nach dem gestrigen Regen mit Sedimenten gesättigt ist und sich braun und undurchsichtig seinen Weg durch die Schlucht bahnt.

The Narrows

Ab jetzt geht es überwiegend im Hochformat weiter, denn die enge Schlucht lässt sich anders kaum ins Bild setzen und mehr als einmal bereue ich, dass auf dem Fahrrad keine Platz für die Ausrüstung für 360-Grad-Panoramafotos ist.

Am Anfang noch weit und trotzdem schon gewaltig

Hier ist man nicht allein! Die Shuttlebusse sind überfüllt und hunderte, wenn nicht tausende Touristen machen sich auf den Weg in die Schlucht am Ende des Zion Canyon

Und immer neue Motive

Es wird enger und noch steiler (steiler als senkrecht oder ueberhängend geht doch nicht)

Fuer mich endet die Tour in der Wallstreet, hier trete ich den Rückweg an

Ich war wirklich da...

Und auch auf dem Rückweg bleibt die Kamera nicht in der Tasche, denn der veränderte Lichteinfall zaubert immer neue Motive

Füttern streng verboten. Die Strafandrohung von 100$ ist ein überzeugendes Argument, meine Nussmischung nicht mit den aufdringlichen Kameraden zu teilen

Die Felsen rund um die Campingplatz zeigen sich im schönsten Abendlicht

 

Ich bin jetzt zwei Tage hier und habe schon ein Problem: Es ist mir heute schon klar, dass ich zu wenig Zeit habe. Vom Zion Nationalpark habe ich nur einen kleine Bruchteil gesehen und werde morgen schon weiterfahren. Und ich befürchte, es wird mir hier überall so gehen :-( Ein echtes Luxusproblem dieser einzigartigen Landschaft! Mal sehen wohin ich die nächsten Tage fahre. Die Entscheidung fällt mir wirklich nicht leicht.

Liebe Leserinnen und Leser,
vor zwei Wochen bin ich gestartet, 1100 km und 11000 Höhenmeter liegen hinter mir und erst einen dürren Bericht habe ich hier zuwege gebracht. Das hat natürlich seine mehr oder weniger guten Gründe. Einerseits gibt es hier zwar überall kostenloses Wifi, aber keine Internet-Cafes. Eine Computer habe ich (noch) nicht im Gepäck, muss ich mir aber dringend mal überlegen. Jetzt sitze ich während einer Mittagspause in Mexican Hat vor dem Rechner und gebe nur mal schnell ein Lebenszeichen von mir. Ausführlicher wird es hoffentlich bald. Nur mal so als Stichworte, von dem was mir in den vergangenen Wochen so untergekommen ist: Bison auf der Strasse und auf dem Teller, Grand Canyon, Bryce Canyon, Flash Floods mit gesperrten Straßen und eine Behandlung beim Desert Doctor. Landschaften ohne Gleichen verstehen sich dabei fast von selbst. Heute will ich noch einmal die Grenze zwischen Utah und Arizona überqueren und mir das Monument Valley ansehen  und dann wird es schon langsam Zeit, mich auf den Weg in Richtung Denver zu machen.
Ausführliche Berichte und Bilder folgen!!!

Raus aus dem Zion National Park

Zwei Wochen ist es nun schon her, dass ich hier zuletzt von meinem Start in Utah berichtet habe. Inzwischen ist jede Menge geschehen und viele Kilometer und Höhenmeter liegen hinter mir - einfach mal ebene Strecken mit Rückenwind gibt es hier nicht. Mein Problem mit den Internetcafes besteht weiter. Heute bin ich in Moab angekommen, einer sehr touristischen Kleinstadt am Eingang zum Arches National Park, in der man wirklich alles bekommen kann, was der Tourist so braucht oder man ihm irgendwie nur andrehen kann - nur eben kein Internet. So bin ich jetzt im der öffentlichen Bibliothek gelandet und werde mal sehen, wie viel Geduld sie hier mit mir haben.
Zuletzt berichtete ich von meiner Wanderung in den Narrows des Zion National Parks. Von hier sollte es in einem weiten Zickzackkurs erst einmal zum Grand Canyon, und zwar zum North Rim gehen. Leichter gesagt als getan, denn vor dem Parkausgang in diese Richtung liegt erst einmal eine lange Serpentinenstrecke, die mich ein paar hundert Meter nach oben zu einem ca. 1,5 km langen Tunnel bringt, der nur wechselseitig in je eine Richtung befahren werden darf - aber nicht von Radfahrern.

Immer wieder fällt der Blick in die Schlucht des Zion National Parks mit seinen gigantischen Aussichten

Von Parkrangern hatte ich den Tipp bekommen, Pickupfahrer zu fragen, ob sie mich mit durch den Tunnel nehmen. Das letzte Fahrzeug in der Schlange vor dem Tunnel ist ein Pickup. Auf der Ladefläche sitzen schon fünf Passagiere und bevor sich die Kolonne wieder in Bewegung setzt, bin ich mit den Worten "Welcome to the party" mit an Bord. Gleich hinter dem Tunnel steigen alle ab - die anderen wollen Schluchteln ("Canyonning"), ich belade wieder mein Rad und setze meine Fahrt durch eine atemberaubend schöne Landschaft fort, die viel Zeit für Fotostopps kostet.

Immer noch Zion Natioal Park, allerdings mit völlig anderem Gesicht

Und immer wieder andere Felsformationen

Die waagerechten und senkrechten Kerben in diesem Berg sind erklärbar, ich verzichte drauf

Ende des Parks, ein Imbiss und dann wird es erst einmal etwas eintöniger. Aber auch solche Motive gehören wohl zum typischen Bild von Amerika

Ich setze meinen Weg in Richtung Süden fort und kurz hinter Kanab überquere ich die Grenze nach Arizona. Ich hatte bis jetzt gedacht, dass der Grand Canyon eine tiefe Schlucht ist. Muss aber wohl ein Irrtum gewesen sein, denn um an den Rand dieser so genannten Schlucht zu kommen, muss man erst einmal gut 1000m nach oben fahren. Hinter dem Ortsausgang von Kanab geht es durch eine weite Ebene. Okay, bisschen viel Grün, keine hohen Kakteen, aber immerhin weit und flach. So stellt man sich doch Arizona vor. Dass es dann schier endlos mit 5 - 10% bergauf geht und man sich schliesslich in Kiefern- und Pappelwäldern wiederfindet, darauf war ich irgendwie nicht vorbereitet.

Arizona am North Rim des Grand Canyon entspricht nicht immer dem gängigen Bild von Wüstenlandschaft

Von Bisons auf der Straße und auf dem Teller

Hier an der Nordseite des Grand Canyon ist touristisch nicht viel los. Das ist auch gut so und die Aussicht soll von hier mindestens so gut sein, wie von der verkehrsgünstiger gelegenen Südseite, die für mich aber viel zu weit vom Kurs ab liegt. Und so werde ich von einer nicht unbedingt überlasteteten, dafür aber sehr gut aufgelegten Parkrangerin empfangen, als hätte ich gerade eine Bergwertung bei der Tour de France gewonnen. Auch diese Ausgelassenheit wohl ein Zeichen des typisch amerikanischen Wesens - könnte mich mir bei uns nie vorstellen, dass ein "Offizieller" so einen Tanz auf der Straße aufführt - motiviert aber nach dieser langen Anfahrt und einer Nacht im Wald ungemein.
Die Nacht im Wald wird mir im Nachhinein schon ein bisschen unheimlich, denn unmittelbar hinter dem Parkeingang grast auf den weiten Wiesen eine kleine Herde Bisons!

Das meinen die doch wohl nicht ernst?

Doch! Das meinen die ernst!

Hinter der Deckung eines Autos fahre ich durch die Herde, die die Strasße überquert und hoffe, ihnen gefällt mein rotes Trikot nicht zu gut

Bisons in Arizona am Grand Canyon? Richtig! Die gehören überhaupt nicht hier her. Wie der Info-Broschüre zu entnehmen ist, die man am Parkeingang gekommt, sind die Tiere hier von ca. 100 Jahren einmal angesiedelt worden, um sie zu Fleischproduktion mit anderen Rindern zu kreuzen. War ein wirtschaftlicher Reinfall, aber die Bisons sind geblieben und stellen inzwischen ein Problem für die Pflanzenwelt (und wild campende Radler) im Park dar, weil sie sich ziemlich stark vermehrt haben. Und so ist man dabei, die Herde behutsam zu dezimieren. Und wenn es um den Naturschutz geht, hilft man doch gern, wo man kann...

Ein Bison Burger (sprich:Beisonböögää) in der Lodge des Grand Canyon National Parks: Aktiver Naturschutz ;-)

Der Grand Canyon

Endlich oben angekommen geht es natürlich erst einmal an den Rand der Schlucht und zu den exponiertesten  Aussichtspunkten. Leider bin ich genau zu Mittagszeit angekommen und bekanntlich ist das nicht gerade das beste Licht zum Fotografieren. Zudem ist es ziemlich diesig - eine Folge der Umweltverschmutzung der westlich gelegenen Großstädte und Industriegebiete. Aber ich will ja hier auf dem Campingplatz übernachten und so bleiben Abend- und Morgensonne.

Das Problem des Grand Canyon ist, dass sich die gigantische Größe kaum erfassen lässt. Dazu muss man wohl hinabsteigen oder sich in ein Flugzeug setzen

Für Radfahrer und Wanderer sind die exklusivsten Stellplaetze direkt auf der Kante des Canyons reserviert - einziger Nachteil: der Weg zum Klo ist ziemlich weit

Es bleibt diesig und so helfen auch die Abend- und Morgensonne nicht und die wirklich beeindruckenden Bilder von Grand Canyon müsst ihr euch anderswo ansehen

Letzter Versuch...

Irgendwie hatte ich mir das Erleben des Grand Canyon anders vorgestellt. Überwältigender. Aber das mag im Wesentlichen wohl mit zwei Umständen zu tun haben. Einerseits das mehrfach erwähnte schlechte Licht, andererseits bin ich nicht in den Canyon hinabgestiegen. Ca. 1600m hinauf und wieder herauf wollte ich meinen Knien nicht antun und es wird sogar davon abgeraten Ab- und Aufstieg bei höheren Temperaturen an einem Tag zu unternehmen. Aber erst bei einer solchen Wanderung der sich dabei ständig wandelnden Perspektive bekommt man wahrscheinlich eine lebhaftere Vorstellung der Größe und Schönheit. Also zurück zu den anderen Parks in Utah, denn ich bin hier zwei Tage in eine Sackgasse gefahren. Allerdings geht es jetzt bergab und ich fahre die Strecke ganz entspannt an einem Tag und quartiere mich in dem selben RV Park in Kanab ein, wie bereits drei Nächte zuvor.

Übrigens: Wenn man hier mit seinem Fahrzeuge auffallen will, gibt es ungefähr diese beiden Arten. Alles andere ist irgendwie normal - alles nur eine Frage der Übergröße. Wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Vehikeln: Das linke hat eine Klimaanlage (!) und natürlich eine Kühlbox im Anhänger.

Noch ein Nationalpark: Bryce Canyon

Zurück in Utah setze ich meinen Zickzackkurs durch die Nationalparks fort. Bryce Canyon Nationalpark steht ziemlich weit oben auf der Wunschliste. Einen Tag stramm radeln, am Red Canyon noch einmal übernachten, um dann von dem Touristenrummel und dem Ausschlachten des Bryce Canyon vor dem eigentlichen Parkeingang niedergewalzt zu werden. Aber was dann kommt verschlägt einem schon die Sprache - zumal hier auch das Licht stimmte ;-)
Immer wieder neue Aussichtspunkte, immer neue Lichtstimmungen, Wanderungen durch die Schlucht - ich habe bestimmt 200 Fotos, begnüge mich hier aber mit einigen wenigen!

Der Beweis am Red Canyon: Die Indianer hatten gar keine Pferde sondern Fahrraeder...

Auf dem Weg zum Bryce Canyon durchquert man den Red Canyon - mehr als ein Appetitanreger!

Rubys Inn ist hier die Totalvermarktung - dieser Kitsch ist nur ein winziger Ausschnitt - mehr erspare ich mir und euch

Ein erster Eindruck...

Im Detail eine unendliche Formenvielfalt

Und wenn man hinabsteigt, entdeckt man sogar richtig große Bäume, die man von oben völlig übersieht

Es hoert nicht auf...

... fast schon eine Detailansicht

Und ein letzter Blick vom Sunsetpoint bei Sonnenuntergang auf die Schlucht und dann reisse ich mich los und setze mich in den Shuttle zum Campingplatz

Der Campingplatz gehört natürlich auch zum Rubys Inn (gibt aber auch noch andere). Während ich mir noch ein Abendessen gönne, setzt draußen ein heftiges Gewitter ein. Es gießt in Strömen und nur mit Glück komme ich in einer kurzen Regenpause trocken in meinem Zelt an. Der Regen hält die ganze Nacht an und auch am drauffolgenden Tag ziehe ich gleich morgens beim Start das von innen und aussen wasserdichte Zeug an. Die kommenden zwei Tagen werden sehr nass...

Mal verliert man, mal gewinnen die anderen...

 

Beim Desert Doctor...

Die kommenden drei Tage sind nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig. Der Regen ist die eine Sache, wenn dann aber zum fehlenden Glück auch noch Pech dazu kommt, kann einen der Humor schon mal verlassen. Mit viel Regen und langen Bergfahrten (im Regenzeug auch kein Spass) komme ich durch den kleinen Ort Escalante. Eigentlich keiner Erwähnung wert und nach einem kurzen Imbiss bin ich auch schon wieder weg. Der Regen macht sogar eine Pause und die Strecke ist relativ flach, sodass ich ganz flott vorankomme. Ein paar Kilometer hinter Escalante habe ich meinen Kaputze der Regenjacke abgenommen und stelle ein nervendes Gräusch beim Treten fest. Zu meinem Entsetzen sehe ich, dass ich drei von vier Muttern des kleinsten Kettenrades der Gangschaltung verloren habe und das Kettenrad nur noch lose an einer Schraube baumelt. Ich habe zwar viele verschiedene Schrauben im Gepäck, aber diese sehr speziellen mit Feingewinde natürtlich nicht. Vor mir liegen lange und steile Passstraßen, die ich ohne die kleinen Gänge nicht fahren kann. Es gibt also nur einen Weg: Zurück nach Escalante und hoffen, dass es dort irgendjemanden gibt, der mir helfen kann. Auf einen Fahrradladen wage ich in dieser sehr dünn besiedelten Gegend nicht zu hoffen. Hinzu kommt, dass es Sonntagnachmittag ist...
An der Tankstelle weiß man auch keinen Rat. Die Werkstatt im Hinterhof könne vielleicht morgen helfen. Aber es gebe da noch den Desert Doctor gleich um die Ecke, eine Motorradwerkstatt, in der schon vielen geholfen wurde. Eine Motorradfahrerin bestätigt sofort, dass das eine gute Adresse wäre, wo ihr dort auch schon geholfen wurde. Nur 200m weiter finde ich in einer Nebenstraße die Werkstatt des Desert Doctor...

Ein Blick in die  Werkstatt: Hier werden Sie geholfen!!!

Die Werkstatt hat die Größe einer Doppelgarage ist bis an den Rand vollgestopft mit Maschinen, Teilen und, und, und. Der Desert Doctor ist natürlich in seiner Praxis und bastelt an irgendetwas herum. Er sieht sich den Schaden an und sagt mit größter Selbstsicherheit: "I will fix it for you!" Er dreht die letzte Schraube heraus und ist sicher, dass er eine solche nicht auf "Lager" hat. Er sucht in den verschiedensten Ecken des Chaos und findet dann ziemlich grobe Schrauben, die zumindest in Länge und Dicke stimmen und ohne zu fragen werden aus drei Feingewindefassungen drei Grobgewindefassungen. Der Mann ist es gewohnt zu handeln und nicht lange zu fragen. Wer zu ihm kommt, hat ein Probelm, und er hat die Lösung - die einzige im Umkreis von 200 Meilen. Der Mann ist in Motorradfahrerkreisen eine ziemliche Berühmtheit und er holt ein deutsches Motorradmagazin heraus, in dem ein Artikel über ihn veröffentlicht ist. Dann zeigt er noch einen mindestens 5cm hohe Packen Visitenkarten von Menschen, denen er in den letzten zwei Monaten geholfen hat - meine ist jetzt auch dabei.

Man at work...

Schmerhafte (Gewinde-)Einschnitte - aus Feingewinde mach' Grobgewinde

Die Außenwände seine Werstatt zieren Abschnitte von Motorradreifen, auf denen der Desert Doctor die Herkunft der Eigner geschrieben hat

Der Desert Doctor: der Mann, dem die Biker vertrauen...

Nach der geglückten Reparatur setze ich meinen Weg am späten Nachmittag fort. Bis heute haben sie gut gehalten und ich bin überzeugt, diese drei Schrauben werden ewig halten.
So weit komme ich heute allerdings nicht mehr und so steuere ich den sehr einfachen Campingplatz des State Parks am Calw Creek an. Alles ist nass und matschig. Ich baue mein Zelt immer mit einem Auge darauf auf, wo fließt das Wasser, wo sammelt es sich. Den Hinweis am Eingang auf Mäuse, Eichhörnchen und anderes, z. T. krankes Getier ignoriere ich einfach. Ein Fehler! Denn in der Nacht bekomme ich Besuch im Vorzelt und am Morgen stelle ich ein ca. 3 cm grosses Loch in der Packtasche mit den Lebensmitteln fest. Ortlieb ist eben nur Waterproof - nicht Mouseproof! Notdürftig stopfe ich das Loch, damit kein Regenwasser eindringt und mache mich auf eine lange, harte Tagesetappe mit einem ca. 2850m hohen Pass und bis zu 14% Steigung - ohne die Arbeit des Desert Doctor wäre das nicht zu schaffen gewesen. Immerhin bleibt der Tag trocken und am Abend kommt mir mein umfangreiches Reparaturmaterial in den Taschen zugute und ich kann die Tasche wieder einigermaßen herrichten. Den Abend verbringe ich auf einem RV Park in Torrey. Dort bietet man mir für nur $4 mehr als für einen Zeltplatz eine - zugegebenermassen sehr schlichte - Hütte an. Angesichts der sehr dunklen Gewitterwolken schlage ich sofort ein. Ich bin nicht der einzige Radler hier. In der Nachbarhütte hat sich ein holländisches Paar einquartiert.

Flash Flood im Capitol Reef National Park

Die ganze Nacht hat es wieder gegossen und der Regen setzt auch beim gemeinsamen Start mit Thelma und Jan in Richtung Capitol Reef National Park wieder ein. Nach kurzer Fahrt bis zum Visitors Center ist erst einmal Schluss. Die Bäche und Flüsse sind über die Ufer getreten und haben die Straßen überschwemmt. Kein Fortkommen. Allerdings hat der Regen aufgehört und so schnell der Wasserstand in den Flüssen steigt, so schnell sinkt er danach auch wieder und die Straßen werden wieder frei gegeben.

Flasch flood im Capitol Reef NP - hier kann man Erosion bei der Arbeit zusehen

Das Wasser ist weg, nur der Schlamm ist noch auf den Straßen und muss erst einmal beiseite geräumt werden, bevor der Verkehr wieder rollen darf

Dunkle Regenwolken lassen nichts Gutes ahnen

Überall steht und fließt das Wasser und nahe Gewitter sind auch kein Spaß auf dem Fahrrad, wenn kein Schutz zu finden ist

Hanksville - ein Ort dem es schon bei gutem Wetter schwer fällt, zu begeistern, ist bei diesem Wetter zum Abgewöhnen. Der Campingplatz gegenüber steht unter Wasser und so ist das Hanksville Inn DIE Adresse

The day after - die Sonne scheint, das Wasser ist abgezogen, nur die Schäden sind noch nicht behoben.

Hört sich alles bisschen dramatisch an, war es aber im Grunde nicht. Wenn man bedenkt, welche für die Jahreszeit ungewöhnlichen Unwetter hier in den USA herrschten, habe ich mit diese drei Tagen wirklich ausgesprochenes Glück gehabt. Zumal ich oft von anderen Reisenden höre, wie viel Regen sie in der näheren Umgebung hatten, während ich im Sonnenschein gefahren bin. Also: I do not complain!
Nur schade, dass ich vom Capitol Reef NP so gar nichts gesehen habe.

Auf dem Weg ins Monument Valley

Von Hanksville führt mich mein Weg wieder Richtung zur Grenze Arizonas, wo ich unbedingt das Monument Valley besichtigen möchte. Zu viele Edelwestern wurden hier gedreht. Der Weg dorthin ist wieder mit Naturschönheiten gespickt. Ich fahre durch die Glen Canyon National Recreation Area, durch die der Colorado River fließt und hier schon mal für den Grand Canyon übt und danach liegt das Natural Bridges National Monument am Weg. Die Gegend ist weitgehend unbewohnt und da es ansonsten nicht so viel zu berichten gibt, lasse ich für diese beiden Regionen einfach einmal ein paar Bilder sprechen.

Glen Canyon National Recreation Area - Wetter und Landschaft gut

Die Canyons werden tiefer

Das Monument Valley kündigt sich an

Das Monument Valley kündigt sich an

Der erste Bogen im Natural Bridges National Monument - oder: Alte Fotografenweisheit: Wenn deine Bilder nichts taugen, warst du nicht dicht genug dran. Deswegen...

... vielleicht besser so oder....

...doch so. Mir gefällt diese Perspektive am Besten.

Man kann noch so dicht ran gehen, die zweite Brücke lässt sich einfach nicht so gut ins Bild setzen.

Dafuer ist die Dritte wieder ein echter Hingucker!

Und zuguterletzt noch die berüchtigte nordamerikanische Longhorncloud ;-)

Monument Valley - mehr Western geht nicht...

Wieder einmal sitze ich in einer öffentlichen Bibliothek und bringe meine Erlebnisse und Bilder "zu Papier". Inzwischen bin ich an meinem Ziel in Denver angekommen und die letzten beiden Tage dienen der Erholung und der Vorbereitung für die Rückreise. Dazu aber später mehr. Erst einmal geht es an die Grenze zwischen Utah und Arizona in das Monument Valley.

Von den Natural Bridges steht noch einmal ein strammer Tag auf dem Programm, um in das Monument Valley zu kommen. Ich starte auf einer Hochebene, ohne so richtig etwas davon zu merken. Eine leicht hügelige Strecke durch lichten Wald bringt mich relativ schnell und leicht Richtung Süden. Doch ohne Vorankündigung ist Schluss mit Hochebene und ich stehe an einer 300 - 400m hochen Klippe mit Blick auf das Valley of the Gods - das Göttertal. Von vielen wird dieses Tal auch als kleines  Monumet Valley bezeichnet.

Ein Blick von oben in das Valley of the Gods

Zum Glück brauche ich diese Straße nicht nach oben fahren. Direkt am Abhang geht es hinab in das Göttertal

In engen Serpentinen geht es direkt an der Wand entlang runter ins Tal. Die Schotterpiste zwingt zu langsamer Fahrt, sodass ich die Aussicht auch genießen kann. Danach geht es wieder auf gutem Asphalt weiter bergab und in scheller Fahrt erreiche ich Mexican Hat, einem kleine Kaff am San Juan River, benannt nach einer Felsplatte, die auf einer Bergspitze balanciert und mit ein wenig Phantasie wie ein Mexikanerhut aussieht.

Der Mexikanerhut, der einem kleinen Ort am San Juan River seinen Namen gab

Sieht aus der Nähe betrachtet schon ziemlich wackelig aus - hält aber!

Nach einem nicht besonders guten Hamburger mit Fett triefenden Pommes Frites in einem Lokal direkt an der Brücke ueber den San Juan River geht's am schon ziemlich fortgeschrittenen Nachmittag weiter in Richtung Grenze zu Arizona, die mitten durch das Monument Valley verläuft. Hier ist Indianerland. Die Navajo-Indianer verwalten und vermarkten das Tal und an der Strecke liegen zahlreiche primitive Verkaufsstände, an denen "original handgearbeiteter Navajoschmuck" verkauft wird. So langsam wird's eng für mich, denn ich weiß noch nicht, wo ich unterkommen werde und die Sonne geht schon langsam unter.

Sonnenuntergang über dem Monument Valley - leider aus der flaschen Richtung und vor mir liegen von einige Kilometer

Eine der netten Begegnungen auf dem Highway: Ein Fahrzeug hält an und der Fahrer fragt, ob ich genug Wasser dabei habe - eine Gallone Wasser und eine Tüte gesalzene Mandeln (irgendwie contraproduktiv) wechseln unkompliziert den Besitzer

Mit den letzten Sonnenstrahlen erreiche ich Gouldings, wo es einen riesigen Campingplatz mit allem Comfort - vor allem einer heißen Dusche - und Blick auf die Felsen des Monument Valley gibt. Für eine Fahrt in das Tal ist es zu spät und so entgehen mir die Felsen im spektakulären Abendlicht, hier eigentlich die schönste Zeit. Man kann eben nicht alles haben. Wie fast jeden Abend wird der Himmel wieder einmal von fernen Gewittern und Wetterleuchten erhellt.

Blick vom Campingplatz in den Nationalpark

Dass ich in den letzten Tagen mal wieder viel Glück mit dem Wetter hatte, bestätigt sich bei der Einfahrt in den Nationalpark, wo mir gesagt wird, dass die Schotterpisten vom heftigen Regen der Vortage z. T. unter Wasser stehen bzw. schlammig sind. Auch deswegen, aber auch um den inzwischen ziemlich schweren Beinen ein bisschen Ruhe zu gönnen, beschieße ich, $ 80 zu investieren und mich durch den Park fahren zu lassen. Ein gute Entscheidung, denn die Pisten sind tatsächlich in einem schlimmen Zustand zwischen Schlamm und weichem Sand und auf den öffentlich zugänglichen Strecken herrscht zudem dichter Verkehr. Mit der kleinen Gruppe steuert der Guide aber auch Punkte an, die für Individualreisende gesperrt sind. Nur das Abendlicht fehlt mal wieder, hätte mich aber wieder einen Tag gekostet, Zeit, die mir fehlt.

Die wohl bekannteste und typischte Ansicht für das Monument Valley

Die drei Schwestern

Wahrscheinlich einer der schönsten Aussichtspunkte auf das Tal - muss bei Sonnenuntergang wirklich ein Traum sein...

Auch hier gibt es kaputte Steine: das Ear in the wind (der Punkt, von dem man diese Perspektive auf das Loch hat, ist mit einem dicken Kreuz im Sandstein markiert - also eine echte fotografische Meisterleistung ;-))

In dieser Hütte soll sich John Wayne, der nicht nur hier allgegenwärtig ist, vom Stress der Dreharbeiten erholt haben - hoffentlich ist es nicht sein Pferd, das hier vergessen wurde

Der Totempfahl

Am frühen Nachmittag ist die zweistündige Tour zu Ende und dunkle Gewitterwolken ziehen auf. Mit dem Unwetter im Rücken setze ich mich auf meine Rad und fahre zurück nach Mexican Hat, wo ich einen anderen deutschen Radler wiedertreffe, den ich schon bei meiner Rücktour vom Grand Canyon getroffen hatte. Kurz hinter dem Ort ziehen wieder so dunkle Gewitterwolken auf, dass wir weg von der Straße wollen und ein Stück abseits des Highway, direkt am Mexikanerhut unsere Zelte aufbauen. Das Gewitter zieht auch hier an uns vorbei, aber die Abendsonne ist wunderschön.

Auf der Ferne betrachtet sind Gewitterwolken etwas sehr Schönes!

Arches National Park

Immer wieder muss ich mich entscheiden, was ich nicht sehen will. Vier Wochen sind einfach zu wenig, um all die Möglichkeiten dieser Ecke der USA mit dem Rad zu erkunden. Die Entscheidung fällt schweren Herzens gegen den Canyonlands National Park. Auf meinem Weg Richtung Norden ignoriere ich die Abfahrt in diesen Nationalpark einfach, den vielen zu ihren Favoriten zählen, es ist eine ca. 70km lange Sackgasse. Die andere Zufahrt liegt auf der rechten Flussseite der Colorado River und ist für mich außer Reichweite. Also Canyonlands merken - für eine andere Tour. Den Arches National Park kann ich aber nicht auslassen - zählt er doch zu den schönsten und spektakulärsten der USA und steht mit seinen unzähligen Boegen, Fenstern und Löchern in den Felsen als Wahrzeichen Utahs. Tatsächlich soll niemand die genaue Zahl der Löcher mit mehr als 90cm Durchmesser kennen. Drei Tage dauert die Anreise vom Monument Valley nach Moab, von denen es kaum etwas zu berichten gibt. Hier einige Fotos, die am Wegesrand entstanden sind.

Die Twin Rocks von Bluff. Im Ort fand gerade ein Rodeo der Navajo-Indianer statt. Ein sicheres Indiz für viele Betrunkene - also ein guter Grund hier nicht über Nacht zu bleiben, zumal alle Unterkünfte ausbebucht sind.

Fahrzeuge, die Großes leisten - eines der vielen von mir nicht besuchten örtlichen Museen, hier in Monticello

Wurde wohl von der Erosion vergessen

Der Arches Nationl Park kündigt sich bereits auf dem Weg dort hin an: der Wilson Arch direkt am Highway

Derselbe Bogen - nur aus einer anderen Perspektive

Ansammlung schräger Kuriositäten: Hole n'the Rock - man beachte den Geländewagen oben auf dem Felsen als Blickfang

In dieser Art gibt es hier noch viel mehr...

Was Massentourismus angeht, stellt Moab alles andere, was ich bisher hier gesehen habe, deutlich in den Schatten. Trotz der riesigen Campingplätze und RV-Parks bekomme ich für $30 den letzten und zudem ziemlich üblen Platz auf einem zentrumnahen Campground. Wie ich schon in meinem letzten Bericht von dort geschrieben habe - hier gibt's alles, was Tourist für Geld bekommen kann. Immerhin eine gute Gelegenheit, mal wieder gepflegt Essen zu gehen - mexikanisch soll's heute sein.
Am nächsten Tag fahre ich in den Nationalpark, um dort auf dem Campingplatz zu übernachten und kurze Wanderungen an den beiden Tagen zu unternehmen. Dass ich keine Reservierung für den Campingplatz im Park habe, nehme ich erst mal nicht so ernst. Er ist ohnehin ausgebucht und ich vertraue darauf, einen der großen Stellplatze mit anderen teilen zu können - gelingt auch. Ein Paar auf Hochzeitsreise hatte eine Stellplatz für ihren Wohnwagen reserviert aber nur einen für Zelte bekommen, sodass sie an der Straße stehen und ich auf der eigentlichen Stellfläche - war ein netter Abend mit den Beiden.
Auch hier stehen erst einmal wieder die Berge im Weg und ich muss eine lange Serpentinenstraße fahren, um in den eigentlichen Park zu kommen. Die vielen Bögen und Löcher sind so zu erklären, dass es sich bei dem Gestein im Park um mächtige, unterschiedliche harte Sandsteinplatten handelt, von denen die unteren, weicheren Schichten schneller erodieren als die darüber liegenden und so diese einzigartigen Formationen entstanden sind. Und hier sind nun einige...

Es geht erst einmal "unspektakulär" mit den Courthouse Towers los

Auf dem Weg liegt dann auch noch der Balanced Rock

In der Windows Section wird es dann aber richtig beeindruckend - gleich mehrere große Bögen liegen im Blickfeld

Aus der Nähe betrachtet das North Window

Noch einmal North- und Southwindow zusammen

Diese beiden liegen aber gleich gegenüber - das Southwindow ist auch noch teilweise mit im Bild

Für mich einer der beeindruckendsten Bögen: der Doublearch

Man muss schon direkt drunter stehen, um diese riesige Bogenkonstruktion so richtig bewundern zu können

Und gleich noch einmal

Einer der bekanntesten Bögen im Park und mit ziemlicher Sicherheit der mit der kürzesten Restlebensdauer - der Bereich unter dem Bogen ist schon gesperrt: Der Landscape Arch

Eine Landschaft aus in Scheiben geschnittenen Felsen

Der letzte auf meiner morgendlichen Wanderung vom Campingplatz aus, der Double-O Arch - hier sind sie mal gestapelt

Der Park hat noch so viel mehr zu bieten als nur die Bögen, was hier aber viel zu kurz kommt...

Genug der Bögen, Fenster und Löcher. Auch ich habe mir nicht alle, die erreichbar waren angesehen und bin vorbeigefahren. Insbesondere den Delicate Arch habe ich ausgelassen. Er ist das eigentliche Wahrzeichen Utahs und findet sich auf jedem Autokennzeichen. Das Besondere an ihm ist, dass er frei auf einer Felsplatte steht. Aus großer Entfernung habe ich ihn gesehen: Viele Höhenmeter mit dem Rad und zu Fuss. Beine und Kopf habe abgestimmt. Abstimmungsergebnis: 2:1 für die Beine. Er kommt mit auf die Resteliste...

Der Rückflug ist von Denver gebucht und es bleibt mir noch eine Woche für die Fahrt durch die Rocky Mountains in die Metropole Colorados. Und ein bisschen Reserve möchte ich auch noch haben, um für mögliche Zwischenfälle noch ein Polster zu haben. Kurz: Es liegen lange Tage auf dem Fahrrad vor mir und hier macht jeder Wissende Bemerkungen über die langen Berge, die vor mir liegen...

Nachdem der Arches National Park hinter mir liegt, kaufe ich noch einmal für die nächsten Tage in Moab ein und folge dem Colorado River flussaufwärts durch ein beeindruckendes Tal am Rande des Nationalparks. Zwischen Fluss und Straße gibt es hier zahlreiche Campingplätze - fast ohne alles! Keinen Strom, kein Wasser, nur Plumpsklos, Tische und Bänke und natürlich eine Feuerstelle. Das alles zum Preis von $15 zur Selbstbedienung.

Der kürzeste Weg, ohne auf die Interstate 70 zu müssen, geht mitten durch die Berge und irgendwann endet auch der Asphalt. Diese Etappe nach Gateway zählt mit zu den schwersten, die ich auf dieser Tour gefahren bin - nicht weil sie so hoch oder so steil ist. Es ist die Länge der Steigung, die mich fertig gemacht hat. "Nur" 800 Höhenmeter, die sich aber auf 38km Steigung ohne nennenswerte Unterbrechung verteilen. Jede kleine Pause beim Treten führt sofort zum Stillstand. Die letzten steilen Anstiege habe ich geschoben, das einzige Mal auf dieser Reise! Dafür gab es aber auch zur Erfrischung erstmals Bergbäche mit klarem, kühlem Wasser, das man bedenkenlos trinken kann. Auch mal nett nach all den Flüssen, in denen mehr Sediment als Wasser unterwegs ist...

Mit dem Castle Rock auf dem Weg nach Gateway verabschiede ich mich endgültig aus Utah mit seinen einzigartigen Felsformationen

So harte Arbeit wird natürlich belohnt. Nach dem langen Anstieg geht es dann die gesammelten Höhenmeter am Stück wieder runter mit 14% Gefälle auf einer nach den starken Regenfällen der letzten Tage gerade neu hergerichteten Schotterpiste. Der Canyon ist wieder etwas für das Auge, lässt sich mit Bildern aber kaum wiedergeben.

Das Bild verrät nicht das starke Gefälle, auf dem ich 800 m tiefer rolle - immer schön vorsichtig und nie die Hände von den Bremsen lassen ;-)

An eines muss ich mich hier in Colorado erst noch gewöhnen. Während es in Utah an jeder Straßenkreuzung, an der ein Ort eingezeichnet ist, zumindest eine Tankstelle mit einigen Basics gibt, darf man in Colorado nicht unbedingt darauf vertrauen, dass die Orte hier irgendetwas an Infrastruktur für den Reisenden anzubieten haben. Gut, Gateway bietet etwas, nämlich des Gateway Canyon Ressort. Aber $600 pro Person und Nacht liegen dann doch ein bisschen jenseits meines Budgets. Nach dem langen Tag im Sattel habe ich auch keine Lust mehr, mir das als "Geheimtipp" im Reiseführer (es ist einer von nur dreien für den gesamten Südwesten!) angepriesene Automuseum anzusehen. Eine Übernachtungsmöglichkeit geht vor. Die finde ich dann auf dem Rasen (endlich mal kein Sand oder Schotter!) eines Privathauses und Abendessen und Frühstück gibt es dann auch noch obendrauf - wieder mal Glück gehabt.

Nach Geateway geht es durch den Unaweep Canyon. Angeblich der einzige Canyon der Welt, der eine Wasserscheide in seiner Mitte hat. Allerdings bin ich mit solchen Superlativen immer etwas vorsichtig. Jedenfalls kann man sich darauf einstellen, dass es erst einmal wieder lange berauf geht - heute sind es 34km, bevor sich die Fliesrichtung des Wassers neben der Strasse ändert und das Rollen anfängt. In Whitewater treffe ich dann auf den Highway 50, dem ich für den Rest des Tages folge. Whitewater ist noch nicht ganz Geisterstadt, aber auch nicht mehr weit davon entfernt. Alle Läden, die es hier einmal gegeben hat sind geschlossen und ich bin froh, dass ich zumindest meine Wasserflaschen auffüllen kann. Der Highway 50 von Grand Junction kommend in Richtung Delta hat die Qualität einer vierspurigen Autobahn und ist so spannend zu befahren wie die A7 zwischen Flensburg und dem Nordostseekanal - besser schnell vergessen.

Ein bisschen amerikanisch-ländliche Bilderbuchidylle

Der Besitzer des Campingplatzes in Delta, auf dem ich übernachte, empfiehlt mir dringend nicht weiter auf dem HW50 zu fahren, sondern die landschaftlich wesentlich reizvollere Strecke über Crawford zu nehmen. Hierbei unterlaufen mir gleich zwei Fehler: 1. übersehe ich eine Meilenangabe auf der Landkarte und komme zu dem Ergebnis, dass die Strecke nur 6 Meilen länger ist als auf der Hauptstraße, tatsächlich ist sie aber 14 Meilen länger und 2. man sollte nie auf Leute hören, die selbst nur mit motorisierten Fahrzeugen unterwegs sind. Mehrfach habe ich den Tippgeber gefragt, ob die Strecke sehr bergig ist, worauf er meinte, sie wäre hügelig aber ohne steile Passagen. Beides stimmt. Allerdings wird es der Tag mit den meisten Höhenmetern, die ich bergauf fahre, der gesamten Reise! Immerhin mit den Aussichten in den Black Canyon und auf den Stausee des Gunnison River hat er Recht, leider komme ich so spät in diese Gegend, dass die tiefe Schlucht bereits in ebenso tiefen Schatten liegt

Um diese Aussicht zu erleben, muss man lange Berge nach oben fahren

Kein Zurück, um noch einmal einen Blick bei gutem Tageslicht in die Schlucht zu werfen, auch im weiteren Verlauf bleibt die Landschaft abwechslungsreich

Gunnison soll eigentlich nur Etappe für einen Mittagsimbiss sein, um dann wieder über Nebenstrecken durch die Berge zu radeln. Während ich mich wieder mal total gesund per Fastfood mit reichlich Kalorien versorge, fängt es draußen an zu gießen. Da die Beine von den vielen Bergetappen der letzten Tagen ohnehin schwer sind, fällt es mir nicht schwer, dem Tipp anderer Gäste auf das Hostel "Wanderlust" zu folgen und mich dort für die Nacht einzuquartieren. Auch zu diesem Hostel keine Kommentar, nur soviel: Ich würde es nicht noch einmal wählen.
So eine amerikanische Kleinstadt bei Regen an einem Sonntagnachmittag hat schon seinen ganz besonderen Reiz. Vor allem, wenn man sich zu Fuß in den Ort wagt. Selbst Nebenstrassen haben das Format von Autobahnen und hier wie dort fehlen die Bürgersteige. Wozu auch. Neil Armstrong muss sich bei seinem ersten Spaziergang auf dem Mond ähnlich gefühlt haben - man ist der einzige Fußgänger weit und breit...

Dieser Laden war leider geschlossen, das Warenangebot für unsere Begriffe schon ziemlich ausgefallen: Ausgestopfte Wapitihirsche, Bisons, Pumas, Kojoten und alles mögliche andere, wobei man sich fragt: Wer kauft das Zeug bloß?

Ironie des Schicksals, dass dieser Waschbär ausgerechnet vor dem Laden mit den ganzen präparierten Wildtieren überfahren wurde

Am nächsten Morgen ist es kalt, dunkle Wolken hängen über Gunnison, aber es ist trocken. Einen guten Grund hier zu bleiben kann ich ohnehin nicht entdecken. Vor mir liegt der Monarch-Pass, mit ca. 3400m der höchste Pass auf meinem Weg nach Denver. Von der Nebenstrecke habe ich mich schon gedanklich verabschiedet, weil ich keine Informationen über den Zustand der Schotterpiste habe. Dafür zeigt mir aber ein anderer Gast des "Wanderlust" Bilder von der Webcam vom Monarch-Pass: Es ist der erste Schnee gefallen und davon nicht zu wenig! Nützt nichts, irgendwie muss ich ja nach Denver.

6 Grad, dunkle Regenwolken und der Hinweis auf vereiste Straßen - der Tag fängt gut an...

 

Mit gutem Rückenwind komme ich auf der zunächst ebenen Strecke zügig voran. Die leichten Regen- und Hagelschauer halten sich in Grenzen, sodass das Regenzeug eher als Kälteschutz dient. Der ist auch erforderlich, als ich die Passstraße in Angriff nehme. Es geht mal wieder gut 800m aufwärts, allerdings zeigt ein Schild am Beginn des Berges an, dass es bis zum Pass nur 7 Meilen sind - und dass ist mit einer durchschnittlichen Steigung von 6 - 7% nun wirklich keine große Hürde mehr ;-)

Auf etwa 3000m Höhe angekommen liegt reichlich Schnee, die Straße ist aber gut geräumt und auch schon trocken

Und ein bisschen Indian Summer gibt es auch noch dazu

Ich bin auf dem höchsten Punkt der Tour angekommen, der zugleich die kontinentale Wasserscheide markiert

Ein eiskaltes Versprechen - und ich habe keine Handschuhe im Gepäck. Da müssen die wasserdichten Strümpfe herhalten - Bremsen geht, Schalten überfluessig

Der erste Frost färbt das Laub. Für "richtigen" Indian Summer fehlt aber das rote Laub des Ahorn

 

Die kommenden Nächte werden ziemlich kalt und die Entscheidung, den Daunenschlafsack mitzunehmen, zahlt sich hier aus! Regen und Schnee liegen hinter mir, strahlender Sonnenschein begleitet mich auf meinem Weg nach Denver, jetzt immer mit dem Blick auf die schneebedeckten Gipfel der Rocky Mountains. Es liegen noch drei weitere Pässe um 3000m Höhe auf dem Weg, da ich aber nicht wesentlich weiter runterfahren, kann ich sie ziemlich problemlos an einem Tag fahren und auf dem letzten und höchsten noch einmal auf einem Campingplatz der Forstverwaltung verbringen. Der Hinweis an der Zufahrt, dass es hier in der Gegend Elche gibt lässt mich aber nicht so unruhig schlafen, wie das Geräusch einer Maus im Vorzelt - ich habe da so meine Erfahrungen...

Gepuderte Gipfel, wohin man schaut

Letzter Akt: Denver
Vom Kenosha-Pass bis in die Innenstadt von Denver sind es noch einmal ca. 130km. Aber auch 1400 Höhenmeter - nach unten :-) Ein entgegenkommender Radler aus Denver gibt mir noch den Tipp auf eine Nebenstrecke, die mich abseits vom viel befahrenen Highway direkt an das Ende einer Strecke des Radwegenetzes von Denver bringen soll. Als ich diese Straße gefunden habe - an den gepflegten Anwesen ist die Nähe der reichen Millionenstadt schon deutlich abzulesen - gibt es nur noch ein Hindernis: Ein Holztransporter, den ich auf der kurvigen Strecke nicht überholen kann...
Unter dem Autobahnring um Denver herum gelange ich auf den Fahrradtrail und die letzten 25 km durch die Vororte und durch Denver fahre ich mit zügigem Rückenwind und ohne auch nur einmal mit dem Strassenverkehr in Kontakt zu kommen direkt in die City Denvers - besser geht's wirklich nicht.

Angekommen in Downtown Denver

 

Denver ist offenkundig eine reiche Stadt. Hier wird Geld in großem Umfang umgeschichtet - aber das war's denn auch schon, was man über diese Stadt sagen kann. Abgesehen von den glitzernden Hochhausfassen gibt es hier für mich nicht so viel, was mich beeindrucken oder interessieren könnte. Die 50 Museen werde ich wohl in den letzten beiden Tagen nicht mehr besuchen. Aber Denver ist ja auch nur die letzte Station meiner Reise, nicht das eigentliche Ziel. Das lag in der reichlich vorhandenen Natur, die ich in den letzten Wochen bestaunen konnte!!!

Reichtum wohin man schaut - hier das Kulturzentrum, in dem sich auch die Bibliothek befindet, wo ich gerade meinen letzten Bericht schreibe

Kann man mögen, muss man aber nicht

Letztes Bild: Ende einer Reise

 

Ein kleines Fazit

Erst einmal für die, die es interessiert, noch ein bisschen Statistik:
2258 km bin ich mit dem Rad gefahren (Durchschnitt: 86 km / Tag). Dabei ging es 24.300 Meter nach oben, durchschnittlich 936 pro Tag. Ich hatte keine Platten und bis auf das Probelm, das der Desert Doctor behoben hat, auch keine anderen technischen Defekte. Die Luftpumpe und anderen Reparaturballast hätte ich mir sparen können.
Allerdings habe ich bis zu meiner Ankunft in Denver jeden Tag auf dem Rad gesessen, also keinen einzigen Ruhetag eingelegt und zwischendurch in einigen der Parks kamen auch noch kurze Wanderungen dazu. Das war so eine Art Selbstversuch in Sachen Trainingslehre, wie man seine eigene Leistungsfähigkeit durch nicht ausreichende Regenerationsphasen nach unten bringen kann - am Ende war ich ganz schön am Ende, und heute, am zweiten Tag, ohne Fahrrad zu fahren schmerzt die Beinmuskulatur nicht mehr, wenn ich sie anspanne. Die Wege sind hier einfach sehr weit und Weniger wäre wahrscheinlich Mehr gewesen. Und dabei habe ich doch schon so viel ausgelassen ;-)

Und dann war da noch meine anfänglich geäußerte Skepsis gegenüber den Amerikanern. Dass ich, was die Landschaft angeht, hier auf der ganz sicheren Seite sein werde, das war mir vorher schon klar und hat sich auch so bestätigt, wie hoffentlich an Text und Bildern abzulesen ist. Ich bin auch weit davon entfernt, ein Urteil ueber die Menschen insgesamt zu fällen - dazu sind sie, wie überall, zu unterschiedlich und viele Eindrücke sind nur das Ergebnis einzelner Begegnungen. Aber andererseits gibt es hier so viele durchgeknallte Typen, wie ich sonst selten angetroffen habe. Der Trend hin zum immer Größeren kann einem auch schon Angst machen - kommen diese Trends bei uns doch immer mit einiger Verzoegerung an. Und die amerikanischen Kleinstädte, durch die ich gekommen bin, sind nur zum Abgewöhnen. Andererseits habe ich eben auch viele Menschen getroffen, die mir sehr offen, freundlich und hilfsbereit begegnet sind.
In die Vereinigten Staaten bin ich schon wegen der Landschaften vermutlich nicht das letzte Mal gereist. Ich glaube aber nicht, dass sie sich einmal bei mir ganz oben in die Favoritenliste eintragen werden. Und wenn ich einmal einen kleinen Vergleich anstellen darf: In jedem Fall ziehe ich Kanada vor.
Ein toller Urlaub war es aber in jedem Fall - ob wegen oder trotz der Amerikaner, lasse ich einfach mal offen.