Eine deutsche Grenzerfahrung

Eigentlich...

 

Sätze, die so anfangen, nehmen selten ein gutes Ende - zumindest steht dort oft das Gegenteil der ursprünglichen Absicht. Eigentlich wollte ich jetzt, während ich diesen Eintrag schreibe, im Flugzeug Richtung Japan sitzen und dort dieses uns so ferne und fremde Land auf eigene Faust und mit dem Rad erkunden. Aber spätestens seit Corona zur Pandemie erklärt wurde, war klar, dass ich diese Pläne getrost beiseite legen konnte. Die endgültigen Fakten hat dann die Fluggesellschaft geschaffen, als sie bereits im März alle Flüge bis Ende Juni storniert hat. Also umplanen. Der Urlaub ist fest eingeplant und sechs Wochen wollen genutzt werden. Nach der Umrundung der Ostsee vielleicht diesmal die North-Sea-Cycle-Route? Gute Idee, aber Corona hat Europa noch immer fest im Griff und die Beschränkungen, die bis mindestens 15. Juni im europäischen Tourismus gelten, lassen auch diese Pläne zerbröseln. Also bleibe ich in der Heimat, die ich ohnehin nicht so gut kenne und setze mich auf mein Rad und werde versuchen, Deutschland in sechs Wochen einmal gegen den Urzeigersinn entlang der Küsten und Grenzen zu umrunden. Ich bin bespannt, was es da so zu entdecken gibt. Und wie immer werde ich hier über meine Erlebnisse in Wort und Bild berichten und ihr seid herzlich eingeladen, mich zu begleiten und freue mich über Rückmeldungen und auch über Tipps, was ich auf meiner Route unbedingt sehen sollte.

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Die ersten Kilometer

Die Traum-Küstenstraßen dieser Welt: Der Highway 1 in Kalifornien, die Great Ocean Road in Australien, der Nordsee-Radwanderweg in Deutschland – gehört nicht dazu! Ich bin jetzt seit 11 Tagen unterwegs und 1300km liegen hinter mit, davon ca. 700 km am Nordseedeich entlang und bei Emden hatte ich die Niederlande in Sicht und der Nordsee den Rücken zugekehrt. Mit anderen Worten: Ich kann mir ganz gut ein Urteil über die deutsche Nordseeküste erlauben – zumindest, wenn man immer der Seedeichlinie folgt. Und das war ja schließlich der Plan, immer möglichst nah an den Küsten und Grenzen einmal um Deutschland herumzufahren. Hat bisher auch ganz gut geklappt, bin alle Buchten und Halbinseln ausgefahren, habe aber auch alle Inseln (bis auf Nordstrand, aber das ist ja auch keine richtige Insel mehr) ausgelassen, da dort nach wie vor keine Tagestouristen willkommen sind. 

Und eines ist mir dabei schon am ersten Tag klar geworden: Die Küstenlinie ist ganz schön lang und mit meinen Schätzungen, wie weit ich denn wohl komme, bin ich deswegen auch sehr zurückhaltend geworden. Also Start am Sonnabend zu Hause und erstmal nach Eckernförde an die Ostseeküste und dann Richtung Flensburg und dänischer Grenze Richtung Norden. Denn eines ist klar, wenn ich diese Ecke am Anfang ausgelassen und den kürzesten Weg nach Husum an die Nordsee genommen hätte, dann wäre die Wahrscheinlichkeit, dass der innere Schweinehund am Ende zu groß und übermächtig sein werden wird, und ich den kurzen Weg von Eckernförde nach Hause nähme, ist mir einfach zu hoch und mir dieses Stück fehlen würde. Also an die Hafenspitze von Eckernförde und von dort dem Ostseeküsten-Radwanderweg folgen. Man soll sich wundern, sogar quasi direkt vor der Haustür entdecke ich Wege und traumhafte Plätze, die ich noch nie gesehen hatte. 


An der Hafenspitze von Ecklernförde habe ich den eigentlichen Ausgangspunkt meiner Reise erreicht
An der Hafenspitze von Ecklernförde habe ich den eigentlichen Ausgangspunkt meiner Reise erreicht
Erster Zwischenstopp in Kappeln bei idealem Wetter
Erster Zwischenstopp in Kappeln bei idealem Wetter
Auch die Geltinger Birk lasse ich natürlich nicht aus
Auch die Geltinger Birk lasse ich natürlich nicht aus
Der Ostseeradwanderweg bietet immer wieder tolle Ausblicke
Der Ostseeradwanderweg bietet immer wieder tolle Ausblicke

Aber zurück zu den Entfernungen. Die Strecke von Kappeln nach Flensburg auf der Bundesstraße ist ca. 45 km lang. Ich war der Küste gefolgt und hatte in Höhe Gelting von zu Hause schon 100 km hinter mir – und die Radwegweisung  nach Flensburg wies noch 51 km aus! Nach 155 km (am ersten Tag besonders schmerzhaft!) und mehr als 1000 Höhenmetern (die Ostseeküste ist doch recht hügelig) erreiche ich einen kleine Campingplatz in Jarplund am Stadtrand von Flensburg. Gerade einmal 35 km von zu Hause entfernt! So hatte ich mir das nicht vorgestellt, aber eine Erfahrung, die sich wiederholen sollte. 

Am nächsten Morgen dann mit schweren Beinen (und schmerzendem Sitzfleisch) nach Kupfermühle zum kleinen Grenzübergang Schusterkate und von hier der dänischen Landgrenze in Richtung Westen folgen. Ein Grenzübertritt ist Corona bedingt nicht möglich (und das ist ja auch nicht der Plan) und so fahre ich auf der Grenzstraße bis nach Süderlügum – nicht besonders spannend, aber eben wie der Name schon sagt, die der Grenze nächstgelegene Straße. Und weil ich nicht schon am Anfang schummeln will, fahre ich auch noch nach Rodenäs, lange den neuen Wildschweinzaun auf dänischer Seite direkt am rechten Fahrbahnrand, und am Gedenkstein für die Eindeichung des Rickelsbüller Kooges mit dem deutsch-dänischen Deich, erreiche ich die Nordsee, wende mich nach Süden und von jetzt an besteht die wesentliche Abwechslung darin, ob ich vor dem Deich fahre – dann habe ich Watt zur Rechten und Deich und Schafe zur Linken – oder hinter dem Deich – dann habe ich Marschen zur Linken und Deich und Schafe zur Rechten. 

Der Anfang der Landgrenze zu Dänemark bei Schusterkate
Der Anfang der Landgrenze zu Dänemark bei Schusterkate
Dazwischen der Wildschweinzaun
Dazwischen der Wildschweinzaun
Und das Ende am Deich im Rickelbüller Koog bei Rodenäs
Und das Ende am Deich im Rickelbüller Koog bei Rodenäs
Schafe unten, Schäfchenwolken oben - und das gefühlt endlos
Schafe unten, Schäfchenwolken oben - und das gefühlt endlos
Und das ist in Niedersachsen mit in den Boden eingelassenen Gittern statt Toren eindeutig besser geregelt!
Und das ist in Niedersachsen mit in den Boden eingelassenen Gittern statt Toren eindeutig besser geregelt!


Vor dem Deich kommen gefühlt hunderte Schaftore dazu, die einen immer wieder zum Anhalten, Tor aufmachen, Durchschieben, Tor zuknallen lassen, Weiterfahren zwingen. Warum verwendet man in Niedersachsen statt dieser Schaftore eigentlich überwiegend in die Straße eingelassene Viehgitter? In Schleswig-Holstein habe ich diese radfahrerfreundliche Lösung kein einziges Mal gesehen. 

Die nächste Übernachtung in Dagebüll, ein gemeinsames Eis in Husum, ein verpasstes Treffen in St. Peter-Ording und schon am Ende des dritten Tages überquere ich die für Außenstehende unsichtbare, für Einheimische unüberwindbare Grenze zwischen Eiderstedt und Dithmarschen am Eidersperrwerk. Hieß es bisher noch „Leewer duad üüs slaaw“, ist der Wahlspruch der ebenfalls freiheitsliebenden Dithmarscher „Woor di, Goor, de Buur de kump.“ Landschaftlich ändert sich nicht viel, außer dass in den Marschen nicht nur Weideland, Getreide, Mais und Rüben angebaut werden, sondern es kommen Kohl und Gemüse dazu – schließlich fahre ich durch das größte Kohlanbaugebiet Europas. Was sich nicht ändert ist die Fülle regenerativer Energie, die hier in jeder Form erzeugt wird. Vor allem natürlich Windkraftanlagen, aber auch Photovoltaik und Biogasenergie wird hier im Überfluss erzeugt, was deutlich an den vielen aus dem Wind genommenen Rotoren erkennbar ist. 

"Strand"häuser auf dem Deich in Dagebüll
"Strand"häuser auf dem Deich in Dagebüll
Wolkenbilder gehen an der Nordsee immer
Wolkenbilder gehen an der Nordsee immer
...auch abends
...auch abends
Ein absolutes Muss, wenn man schon Eiderstedt umrundet: Der Leuchtturm von Westerhever
Ein absolutes Muss, wenn man schon Eiderstedt umrundet: Der Leuchtturm von Westerhever
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft - auch bei den Küstenseeschwalben am Eidersperrwerk
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft - auch bei den Küstenseeschwalben am Eidersperrwerk
Und wenn der Wind mal nicht weht, und sich deswegen die Windräder nicht drehen, bekommen die Schafe in Dithmarschen Kohl zu fressen - dann wird's schon
Und wenn der Wind mal nicht weht, und sich deswegen die Windräder nicht drehen, bekommen die Schafe in Dithmarschen Kohl zu fressen - dann wird's schon

In Brunsbüttel setze ich mit der Fähre über den Nord- Ostsee-Kanal und lasse den Ort mit seinen riesigen Chemiefabriken schnell hinter mir und fahre auf dem Deich, der jetzt Elbdeich heißt, bis nach Glücksstadt, wo ich ohne anhalten zu müssen, auf die nächste Fähre fahre und für 3,50 Euro nach Niedersachsen übersetze. 



Mit Blick auf die Schleuse setze ich mit der Fähre in Brunsbüttel über den Nord-Ostsee-Kanal
Mit Blick auf die Schleuse setze ich mit der Fähre in Brunsbüttel über den Nord-Ostsee-Kanal


Auch hier gibt es keine landschaftlichen Überraschungen. Nur die Schafe auf dem Deich sind deutlich weniger zahlreich als in Schleswig-Holstein. Ich hatte bisher kaum etwas über die Orte, durch die ich gekommen bin geschrieben. Eckernförde, Kappeln, Flensburg, Husum – alles nette Orte, die ich aber allesamt sehr gut kenne. Die anderen Orte an der Nordsee sind entweder touristisch schick und damit austauschbar (St. Peter-Ording hat immerhin noch diesen fast endlosen Strand, ansonsten ist nur Schlick vor dem Deich) oder grottenhässlich – oder wie Cuxhaven die Kombination aus beidem. In Bremerhaven lohnen sich immerhin Besuche im Klimahaus und im Auswanderermuseum, da ich beide schon kannte, habe ich auch diese triste Stadt schnell hinter mir gelassen. Ein Kleinod ist da schon Greetsiel. Mir der Folge, dass der Ort total überlaufen ist – Corona-Mindestabstände kann man da getrost vergessen. 



Die Kugelbake von Cuxhaven...
Die Kugelbake von Cuxhaven...
... und natürlich der Leuchtturm dazu
... und natürlich der Leuchtturm dazu
Erster Anblick bei der Annäherung an Bremerhaven ist der gigantische Containerterminal
Erster Anblick bei der Annäherung an Bremerhaven ist der gigantische Containerterminal
Und ein wirktlich schöner, kleiner Ort ist Greetsiel
Und ein wirktlich schöner, kleiner Ort ist Greetsiel
Mit gleich zwei Windmühlen, na gut, 1 1/2
Mit gleich zwei Windmühlen, na gut, 1 1/2
und natürlich einem (kleinen) Leuchtturm, der aber eigentlich in Pilsum steht
und natürlich einem (kleinen) Leuchtturm, der aber eigentlich in Pilsum steht


Nach einer Woche habe ich bei drückender Schwüle Emden erreicht und damit die Niederlande in Sichtweite. Otto-Ampelmännchen, Otto-Haus – und obwohl Otto-Fan der ersten Stunde (und die liegt schon mehr als 45 Jahre zurück) - erspare ich mir wegen der lange Warteschlange davor, wegen der Schwüle und wegen der Corona-Beschränkungen einen Besuch und überquere mit einer kleinen Fähre die Ems und nach einer kurzen Strecke am Deich des Dollart erreiche ich die niederländische Grenze und kehre der Nordsee für diese Tour endgültig den Rücken. Und jetzt hier im Emsland tausche ich Schafe auf dem Deich gegen gigantische Schweineställe… 

Natürlich kann es bei Otto nicht wirklich ernst und seriös zugehen - auch nicht in der Außenwerbung
Natürlich kann es bei Otto nicht wirklich ernst und seriös zugehen - auch nicht in der Außenwerbung
Und auch als Ampelmännchen unverkennbar Otto
Und auch als Ampelmännchen unverkennbar Otto


Landschaftlich bleibt alles beim Gehabten - außer der Deiche und der Nordsee. Bis zum Rhein keine einzige Erhebung, die diesen Namen wirklich verdiente. So viele Höhenmeter wie am ersten Tag an der Ostsee, habe ich an der zurückliegenden Woche insgesamt nicht zusammenbekommen. Und weil ich mich bewusst für die Grenzlinie entschieden habe, komme ich auch nicht in größere Städte, sondern fahre durch flaches Land, dass beidseitig der Grenze intensiv landwirtschaftlich genutzt wird. Nicht nur Schweine werden hier in Massen produziert, sondern auch Geflügel - unvorstellbare Dimensionen und die "Ställe" erinnern eher an Industrieanlagen.

Zynisch oder ehrlich? Der Eingang zu der größten Anlage dieser Art, die ich je gesehen habe
Zynisch oder ehrlich? Der Eingang zu der größten Anlage dieser Art, die ich je gesehen habe
Das Bild gibt nicht im Ansatz die tatsächliche Größe wieder
Das Bild gibt nicht im Ansatz die tatsächliche Größe wieder
Dann doch lieber so ;-)
Dann doch lieber so ;-)


Noch ein Wort zum Wetter. Ich hatte mich bewusst für diese Richtung wegen der vorherrschenden Nordwestwinde an der Nordsee für meine Tour entschieden. Hat auch super geklappt. Meistens war der Wind sehr hilfreich - sogar in Ostfriesland drehte er auf Ost und hat mich schnell Richtung Westen geschoben. Dem Sommer in Schleswig-Holstein bin ich ein bisschen entkommen. Gerade in den letzten Tagen hat es immer wieder geregnet oder das eine oder andere Gewitter kam dazu. Vorgestern hat's mich dann voll erwischt. Der ganze Tag war noch trocken, aber im Laufe des Nachmittags zogen sich dunkle Wolken um mich herum zusammen und gegen Abend ging das Unwetter los. Zeitweise musste ich gegen die Strömung auf den Radwegen fahren. Campingplätze sind in dieser Gegend - zumindest auf deutscher Seite nicht so üppig verteilt, deswegen musste ich noch etwas länger fahren, bis in Uelsen den Campingplatz Heideruh erreichte.


Was jetzt kam, war eine kleine Zeitreise. Am Campingplatz keine Rezeption. Fast ausschließlich Dauercamper. Mein Klingeln wurde aber erhört, aber die Dame, die mich in Empfang nahm, wollte mir bei dem Regen keinen Stellplatz für das Zelt geben, sondern überließ mir für 30 Euro (statt der üblichen 50 Euro) ein komplettes Einfamilienhaus - im Stil der 70er Jahre. Aber alles tiptop in Schuss, ich hatte ein gemütliches Bett und meine Sachen konnten trocknen. Zum Essen hatte mit die hilfsbereite Dame den Landgasthof Backers Berg, nur zwei Straßen weiter, empfohlen. Wie gesagt: Zeitreise in die 70er. Dunkle Inneneinrichtung, Musik von Vicky Leandros (Theo, wir fahr'n nach Lodz) und Gunter Gabriel (Truckerromantik) und selbstverständlich wurde von den ausschließlich niederländisch sprechenden anderen Gästen auch geraucht. Schweine und Kartoffeln gibt es zuhauf in der Gegend - und so sah denn auch die Portion auf meinem Teller für kleines Geld aus. Nur mit der Kartenzahlung hatte man es in den Siebzigern noch nicht so, deswegen, Corona hin oder her, ausschließlich Bargeld. 



Landunter am nächsten Morgen - 96 Liter pro Quadratmeter waren gebietsweise gefallen
Landunter am nächsten Morgen - 96 Liter pro Quadratmeter waren gebietsweise gefallen
Durch die Wassermassen ist der eine oder andere Mühlenteich, die es hier reichlich gibt, übergelaufen
Durch die Wassermassen ist der eine oder andere Mühlenteich, die es hier reichlich gibt, übergelaufen


Je weiter ich ins Westfälische vordringe, desto häufiger gibt es auch wieder Bäume und Wälder und die markierten Radwanderwege, die hier toll ausgebaut sind, führen abseits der Hauptstraßen durch sehr ruhige Gegenden - und manchmal glaubt man kaum, dass man noch auf dem richtigen Weg ist.

Auf jeden Fall war die Orientierung an der Nordsee leichter. Die Grenze ist hier wirklich kaum wahrnehmbar und verläuft z. T. mitten durch Ortschaften, sodass die eine Straßenseite deutsch, die andere niederländisch ist.


Radwanderweg!!!
Radwanderweg!!!

Was weniger schön ist, sind die Eichenprozessionsspinner. Schon in Niedersachsen, und noch mehr hier in Nordrhein-Westfalen, eine echte Plage. Hatte ich anfangs nur die zahlreichen Warnhinweise gesehen, hängen sie jetzt oft in großen Klumpen an den Eichen direkt am Weg - am mag man sich nicht in der Nähe von Eichen aufhalten



Nur eine von vielen Arten, vor diesen unangenehmen Raupen zu warnen
Nur eine von vielen Arten, vor diesen unangenehmen Raupen zu warnen
Darum Eichenprozessionsspinner
Darum Eichenprozessionsspinner
Sie sind überall!
Sie sind überall!


Wie schon angesprochen, gibt es auf deutscher Seite nicht allzu viele Campingplätze und die, die es gibt, sind oft dann auch Dauercampern, Wohnmobilen oder Vereinsmitgliedern vorbehalten. Und die übrigen können wegen der Corona-Maßnahmen nicht voll belegt werden und sind deswegen schnell voll. Mit anderen Worten, es ist nicht immer einfach eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Deswegen musste ich auch vorgestern - gegen meinen ursprünglichen Plan - in die Niederlande wechseln, wo es entlang der Grenze sehr viele kleine und große Campingplätze gibt. Der erste Platz, den ich ansteuerte, war auch denn auch hier restlos belegt, aber sehr freundlich und hilfsbereit wurde sofort bei einem kleinen Platz in der Nachbarschaft angerufen, wo ich sehr unkompliziert und pragmatisch aufgenommen wurde - von einem Mann in Holzpantinen - mehr Klischee geht kaum, war aber tatsächlich so. Die Orte an meiner Strecke werden jetzt zahlreicher und auch größer, was es aber nicht unbedingt besser und schöner macht. In Emmerich habe ich am Nachmittag den Rhein erreicht und überquert und bin auf einem kleinen Campingplatz südlich des Rheins - und natürlich in der Nähe der niederländischen Grenze - gelandet. Nach 1300km ohne Ruhetag sind die Beine schwer und ich habe nach nicht einmal 100km mein Zelt aufgeschlagen. Deswegen - und weil ich hier endlich einmal eine gute Sitzgelegenheit habe - eine absolute Rarität auf deutschen Campingplätzen - und dazu einen schnellen Internetzugang - die Netzabdeckung entlang der Grenze ist ein schlechter Witz - komme ich endlich zu diesem ersten Reisebericht. Wann der nächste kommt, kann ich noch nicht sagen - aber er wird auf jeden Fall kommen. 

Windmühlen gibt es nicht nur in den Niederlanden
Windmühlen gibt es nicht nur in den Niederlanden
Nicht überall ist die Grenze so deutlich gekennzeichnet - allerdings ist es ein Ort mit zwei Namen in zwei Ländern
Nicht überall ist die Grenze so deutlich gekennzeichnet - allerdings ist es ein Ort mit zwei Namen in zwei Ländern
Man sollte meinen, ein Bild aus den Niederlanden, ich habe es ist aber wirklich in Deutschland aufgenommen
Man sollte meinen, ein Bild aus den Niederlanden, ich habe es ist aber wirklich in Deutschland aufgenommen
Bis zum nächsten Mal, sofern mir nichts passiert...
Bis zum nächsten Mal, sofern mir nichts passiert...

(Fast) Jeden Tag ein neues Nachbarland


17 Tage bin ich nun unterwegs, knapp 1900km liegen hinter mir, wofür ich 111 Stunden netto im Sattel gesessen habe. Vor allem das Sitzfleisch hat verstanden, dass Widerstand (und Schmerzen) zwecklos sind, nur die Beine tun sich noch immer schwer, wenn es inzwischen auch mal in die Berge geht. Wenn es höher, steiler, weiter wird, muss ich vielleicht doch das kleinere Kettenblatt und die zweite Kette aufsetzen, um noch kleinere Übersetzungen zu haben. Ich übe ja noch mit meinem neuen Rad, das bisher aber wirklich hält, was der Hersteller verspricht! Inzwischen spielt das Wetter auch mit, sodass mich jetzt mein übliches Problem auf Reisen einmal wieder einholt: Sonnenbrand. Auch wenn die Tage hier im Süden jetzt um den Mittsommer kürzer sind als bei uns, ist die Sonne unbarmherzig. 

Wenn man einfach so drauflosfährt und den Grenzen folgt, erwischen einen doch hin und wieder abenteuerliche Situationen, mit denen man vorher nicht gerechnet hat...

Abenteuerurlaub 2020 in Deutschland - nur schnell durch!
Abenteuerurlaub 2020 in Deutschland - nur schnell durch!


Noch bin ich mir weitgehend treu geblieben und folge meinem Plan, Deutschland möglichst grenznah zu umrunden, wenngleich mit dem wiederholten Überqueren der deutsch-niederländischen Grenze, die Hemmungen niedriger geworden sind. Unversehens erreiche ich so aber auch den westlichsten Punkt der Bundesrepublik in der Gemeinde Selfkant. Weil man mich nicht nach Sylt gelassen hat und ich deswegen List nicht erreichen konnte, wird es wohl nichts werden, alle Zipfelgemeinden zu besuchen. Immerhin habe ich den westlichsten - und wohl unspektakulärsten - Ort der Republik gesehen.



Genau hier in der Ecke ist er, der westlichste Zipfel der Republik
Genau hier in der Ecke ist er, der westlichste Zipfel der Republik
Hier wird's deutlicher
Hier wird's deutlicher

Mit einem Vorurteil muss ich an dieser Stelle einmal aufräumen: Nordrhein-Westfalen ist gar nicht so schlimm, wie alle immer sagen, die nicht dort heimisch sind - zumindest, wenn man immer an der Grenze bleibt und damit allen Großstädten und Ballungsräumen konsequent aus dem Weg geht. Gut, Emmerich war nicht so toll, musste aber sein, um über den Rhein zu kommen, man ist aber auch schnell durch. Nur einmal habe ich einen Abstecher ins "Landesinnere" gemacht, um mir Aachen anzusehen. Nur Landwirtschaft und riesige Gartenbaubetriebe glaubt einem ja auch keiner, wenn man vom bevölkerungsreichsten Bundesland spricht.



Ich habe den Eindruck, die Gärtnereien hier in der Gegend wollen ganz Deutschland zu einer Heidelandschaft umgestalten
Ich habe den Eindruck, die Gärtnereien hier in der Gegend wollen ganz Deutschland zu einer Heidelandschaft umgestalten


Aber allen Städten aus dem Weg zu gehen, ist auch keine Alternative, deswegen Aachen. Sicher auch nicht repräsentiv, dafür aber allein aufgrund seiner Geschichte umso sehenswerter. Problem: Kein Campingplatz in der Stadt oder in der Nähe. Also ins Hostel, direkt am Hauptbahnhof gelegen und damit günstig, um die Innenstadt zu Fuß zu erkunden. Einmal Hostel und nie wieder. Die Preise unterscheiden sich, zumindest für ein Einzelzimmer, nicht von denen von günstigen Hotelketten, dafür ist alles ein bisschen primitiver und schmutziger. Im ersten Zimmer, das ich bekam fehlte das Schloss in der Tür...

Aachen war dann auch so etwas wie der erste kleine Ruhetag mit nur 20km bis zum Hostel und der GANZE Nachmittag war dann der Erkundung der historischen Altstadt gewidmet. Klar, hier steht alles im Zeichen Karls des Großen, dessen Thron und Gebeine im Dom verwahrt werden, und so waren der Dom, das Rathaus und die Umgebung auch Ziel meiner kleinen Auszeit. 



Eines der alten Stadttore Aachens
Eines der alten Stadttore Aachens
Der Dom ein absolutes Muss - UNESCO-Weltkulturerbe der ersten Stunde
Der Dom ein absolutes Muss - UNESCO-Weltkulturerbe der ersten Stunde
Karl der Große ist überall - auch in der Domschatzkammer
Karl der Große ist überall - auch in der Domschatzkammer
Seine Knochen - jedenfalls die meisten - liegen allerdings hier direkt um Dom
Seine Knochen - jedenfalls die meisten - liegen allerdings hier direkt um Dom
Und als Herrscher, der viel in seinem Reich unterwegs war, hatte er auch einen faltbaren Thron
Und als Herrscher, der viel in seinem Reich unterwegs war, hatte er auch einen faltbaren Thron
Aber nicht nur Karl der Große liegt im Aachener Dom begraben, sondern auch die Heilige Corona - gibt es tatsächlich und wird in irgendeinem Dorf auch als Schutzheilige gegen Seuchen verehrt
Aber nicht nur Karl der Große liegt im Aachener Dom begraben, sondern auch die Heilige Corona - gibt es tatsächlich und wird in irgendeinem Dorf auch als Schutzheilige gegen Seuchen verehrt
Direkt gegenüber des Doms das Rathaus - ebenfalls Pflichtprogramm
Direkt gegenüber des Doms das Rathaus - ebenfalls Pflichtprogramm
Wenigstens den Krönungssaal im Rathaus sollte man gesehen haben. Schließlich wurden 600 Jahre lang fast alle deutschen Könige in Aachen gekrönt
Wenigstens den Krönungssaal im Rathaus sollte man gesehen haben. Schließlich wurden 600 Jahre lang fast alle deutschen Könige in Aachen gekrönt

Soviel zum Kurzprogramm Aachen, womit man der Stadt, ihrer Geschichte und ihren Sehenswürdigkeiten keinesfalls gerecht wird. Aber die Zeit sitzt mir im Nacken und das Hostel wollte ich auch nicht mehr als eine Nacht nutzen. 

Also am nächsten Morgen raus aus der Stadt - das heißt erst einmal bergan fahren, denn jetzt geht es mit der Eifel und das Hohe Venn erstmals auf dieser Tour in ein Mittelgebirge. Aber hier kommt mir eine Besonderheit der deutschen Geschichte zugute. Die Vennbahntrasse wurde nach dem ersten Weltkrieg im Vertrag von Versaille Belgien zugesprochen und zerschneidet Deutschland. Die Bahnlinie gibt es nicht mehr, aber Belgien und Luxemburg haben die Trasse vor wenigen Jahren zu einem grandiosen Rad- und Wanderweg ausgebaut. Und wie es bei Bahntrassen nun einmal so ist, sind die Steigungen sehr moderat und auf bestem Asphalt rolle ich über die Berge. Ich kann auch der Verlockung nicht widerstehen und fahre auch einen Teil durch Belgien, um erst kurz vor Luxemburg auf die deutsche Seite der Grenze zurückzukehren. Und so schaffe ich es an nur einem Tag, die belgische Grenze hinter mir zu lassen.



Besser geht es wirklich nicht, als auf dieser ehemaligen Bahntrasse
Besser geht es wirklich nicht, als auf dieser ehemaligen Bahntrasse
Und für den Proviant wird auch noch gesorgt
Und für den Proviant wird auch noch gesorgt
Natürlich muss es etwas Landestypisches sein
Natürlich muss es etwas Landestypisches sein


Es folgt also mit Luxemburg das nächste Nachbarland. Abseits der Vennbahntrasse wird es jetzt schwerer, auch wenn die Grenze und auch die Straße der Our folgt, aber es ist eben nicht der klassische Flussradwanderweg, der eben und immer nah am Ufer ein leichtes Radeln möglich macht. Schweißtreibende Arbeit ist angesagt. Und was hier - egal auf welcher Seite der Grenze man unterwegs ist - ungemein nervt, sind am Wochenende hunderte Motorradfahrer, die das gute Wetter nutzen, um hier die kurvenreichen Straßen der Eifel auszufahren. Ein Sonntagsfahrverbot für Motorradfahrer soll im Gespräch sein. Aus Sicht der Einheimischen kann ich das sehr gut nachvollziehen.



Das Dreiländereck - D - B - L - lasse ich nicht aus, dafür habe ich auch die Vennbahntrasse - oder RAVeL - verlassen
Das Dreiländereck - D - B - L - lasse ich nicht aus, dafür habe ich auch die Vennbahntrasse - oder RAVeL - verlassen


Guckt ruhig mal ins  Gästebuch. Da hatte Uli mir gleich zum Start der Tour den Tipp gegeben, mir das Schloss Vianden anzusehen. Da es quasi direkt an der Grenze liegt, eine gute Gelegenheit für einen Zwischenstopp. Das Unangenehme an den meisten Burgen und Schlössern hier in der Gegend ist allerdings, dass sie üblicherweise auf dem Berg liegen und zu einer Zeit gebaut wurden, als noch niemand an schwer bepackte Reiseradler dachte. Also mal eben den Puls an die Obergrenze bringen und sich die Besichtigung der toll restaurierten Burganlage mühsam verdienen - nichts desto trotz muss man natürlich Eintritt bezahlen. 



Immer der Our folgen, dann kommt man direkt zur Burg Vianden
Immer der Our folgen, dann kommt man direkt zur Burg Vianden
Eine beeindruckende Anlage
Eine beeindruckende Anlage
Die Anlage ist hervorragend restauriert und rekonstruiert und in Teilen mit modernen Elementen für die Besucher zugänglich gemacht
Die Anlage ist hervorragend restauriert und rekonstruiert und in Teilen mit modernen Elementen für die Besucher zugänglich gemacht
Natürlich darf in der Ausstellung auch das nicht fehlen, was jede anständige Ritterburg vorweisen sollte
Natürlich darf in der Ausstellung auch das nicht fehlen, was jede anständige Ritterburg vorweisen sollte


Endlich kann ich mitreden! Mitreden, wenn alle von ihren Radreise, z. B. entlang des Moselradwanderweges erzählen und schwärmen. Der Our folgt die Sauer, der Sauer folgt die Mosel. Bei Wasserbillig verlasse ich die luxemburgische Grenze und folge dem Moselradwanderweg nach Trier. Sind nur 13km und bei Rückenwind schnell getan. Schließlich will ich die Römerstadt nicht auf meiner Tour links liegen lassen. Die Porta Nigra, den Dom und andere einzigartige Sehenswürdigkeiten will ich auf einer kurzen Stippvisite besichtigen. Ja, diese Art der Radwanderwege und Radwanderungen - möglichst mit E-Bike - sind schon eine echte Herausforderung. Höhenunterschied gleich Null, wenn man nicht einmal über eine Brücke muss. Glatter Beton oder Asphalt. Eine Wegweisung, die einen nie im Stich lässt. Einzige Herausforderung: Manchmal sind es bis zu fünf Kilometer von einer Versorgungsstation mit alkoholischem oder fettigem Radlertreibstoff bis zur nächsten. Und die sollen erst einmal gemeistert werden! Immerhin nimmt hier die Dichte und auch die Qualität der Campingplätze zu, wenngleich es für mich immer schwerer wird, die Menschen zu verstehen. Ich bin eindeutig in Süddeutschland angekommen. Schwer wird es für mich nur dann, wenn Dialekt und Tonfall Familie Heinz Becker sehr nahe kommen - schwer, ernst zu bleiben.



An der Mosel angekommen - im Weinland angekommen
An der Mosel angekommen - im Weinland angekommen
Die Römerbrücke in Trier - die älteste Brücke nördlich der Alpen
Die Römerbrücke in Trier - die älteste Brücke nördlich der Alpen
Die Innenstadt von Trier ist in jeder Hinsicht einen Besuch wert
Die Innenstadt von Trier ist in jeder Hinsicht einen Besuch wert
Das bekannteste Bauwerk, dass die Römer hinterlassen haben: Die Porta Nigra. Ein Traum für jeden Fotografen, wenn leuchtend orange Baufahrzeuge davorstehen und den Blick auf sich ziehen
Das bekannteste Bauwerk, dass die Römer hinterlassen haben: Die Porta Nigra. Ein Traum für jeden Fotografen, wenn leuchtend orange Baufahrzeuge davorstehen und den Blick auf sich ziehen
Der Dom von Trier
Der Dom von Trier
Innen wie außen einfach spektakulär
Innen wie außen einfach spektakulär


Auch Trier war nur ein Kurzbesuch. Dann wieder zurück auf dem Moselradweg an die luxemburgische Grenze und mit Erreichen des Saarlandes einmal über die Berge und dem nächsten Flussradwanderweg an der Saar folgen. Morgen steht das nächste UNESO-Weltkulturerbe auf dem Programm. Diesmal geht es etwas rustikaler zu, denn die Völklinger Stahlwerke will ich mir unbedingt in Ruhe ansehen - ich weiß, ich bin Kulturbanause.



Schengen gibt es wirklich noch - und tatsächlich ohne Grenzkontrolle
Schengen gibt es wirklich noch - und tatsächlich ohne Grenzkontrolle
Immer wieder schöne Ortschaften und Landschaften entlang der Flüsse
Immer wieder schöne Ortschaften und Landschaften entlang der Flüsse
Aber nicht immer wird alles wirklich groß, was aus dem Kleinen kommt
Aber nicht immer wird alles wirklich groß, was aus dem Kleinen kommt
Blick über das Saarland - ich glaube, das ist schon das ganze Saarland
Blick über das Saarland - ich glaube, das ist schon das ganze Saarland
Blick in die andere Richtung über Frankreich - ich glaube das ist nicht ganz Frankreich
Blick in die andere Richtung über Frankreich - ich glaube das ist nicht ganz Frankreich

Wie angekündigt: Die Völklinger Hütte


Direkt am Saar-Radwanderweg und nur 15km von meinem letzten Campingplatz in Saarlouis entfernt nähere ich mich der Völklinger Hütte, das stillgelegte Stahlwerk, das ganz weit oben auf meiner Wunschliste stand. Zu Recht! Ich habe mir hier ein paar Stunden aufgehalten, mit der richtigen Fotoausrüstung und mehr Muße, kann man sich hier aber auch tagelang aufhalten und Motive suchen. Eine kleine Auswahl seht ihr hier:


Es ist nur eine willkürliche Auswahl, unsortiert und unbearbeitet und alle freihand auch bei z. T sehr ungünstigen Lichtverhältnissen aufgenommen. Da geht mit Sicherheit noch sehr viel mehr. Dafür muss ich noch einmal wiederkommen. Mit mehr Zeit, einem Stativ und den lichtstarken Objektiven. Man muss ja auch noch Ziele für Unternehmungen ohne Fahrrad haben.

Die ausgelassenen Möglichkeiten


Es gibt ja so viel zu sehen in Deutschland... Ja, ganz bestimmt, aber einerseits fahre ich an den Grenzen, andererseits habe ich ständig die Zeit im Nacken. Mehr als die Hälfte der sechs Wochen, die ich mir für die Runde gegeben habe, ist rum und 2500km liegen hinter mir und ich sitze erst auf der Fähre über den Bodensee von Konstanz (Konschtansch - für die Einheimischen) nach Lindau. Mal ein etwas ruhigerer Tag nach vielen Kilometern, die ich täglich herunterkurbele. Und so habe ich das Gefühl, das meine Tour aus den ausgelassenen Möglichkeiten und Sehenswürdigkeiten besteht. Sicher, ich komme durch zahllose schmucke Dörfer und Kleinstädte, die kaum mehr als Punkte auf der Landkarte für mich bleiben. Viel Fachwerk, Kirchen und Heimatmuseen, die mich nicht wirklich reizen. Wie ich schon geschrieben hatte, mach ich immer mal wieder Abstecher in die Nachbarländer, um mir doch im Tiefflug die eine oder andere Stadt anzusehen oder um einfach dem besseren Weg zu folgen - der nicht unbedingt der kürzere sein muss. Nachdem ich die Völklinger Hütte und damit auch schon fast das Saarland hinter mir gelassen hatte, bin ich ein Stück an der französischen Grenze gefahren. Eine der unerwarteten Entdeckungen dabei war das Städtchen Wasserburg.

Wie aus dem Werbeprospekt
Wie aus dem Werbeprospekt
Teilweise ein bisschen morbider Charme
Teilweise ein bisschen morbider Charme
Beeten scheef...
Beeten scheef...


Und irgendwann ist man dann wieder am Rhein und damit direkt an der deutsch-französischen Grenze. Einmal mit der Fähre übersetzen und dann den spannenden Rheinwanderweg auf dem Überflutungsdamm - wir würden Deich sagen, daber dafür fehlen wohl die Schafe - Richtung Süden. Mit bestem Rückenwind (auch damit habe ich hier nicht gerechnet) kommen schnell ein paar Kilometer zusammen, ohne dass es etwas darüber zu berichten gäbe.



Kurz mit der Fähre über den Rhein und schon bin ich zurück in Deutschland
Kurz mit der Fähre über den Rhein und schon bin ich zurück in Deutschland
Warum ist es am Rhein so schön? Weiß ich auch nicht... Ähnlich wie auf dem Deich an der Nordsee, es ändert sich sehr lange nichts
Warum ist es am Rhein so schön? Weiß ich auch nicht... Ähnlich wie auf dem Deich an der Nordsee, es ändert sich sehr lange nichts


Karlsruhe hatte ich wegen des Umwegs ausgelassen, Straßburg liegt aber direkt an der Strecke und einen Blick auf das Europaparlament und all die anderen Glaspaläste der EU wollte ich mir nicht entgehen lassen, weil ich auch hier noch nie war. Manchmal ist es ganz gut, wenn man den direkten Weg verfehlt, denn sonst hätte ich von der bezaubernden Innenstadt Straßburgs nichts gesehen. Es ist wie immer: man sieht nur, was man kennt...



Nur eine der zahlreichen Brücken von Kehl nach Straßburg
Nur eine der zahlreichen Brücken von Kehl nach Straßburg
Wieder eine Stadt, für die ich viel zu wenig Zeit habe
Wieder eine Stadt, für die ich viel zu wenig Zeit habe
Verschiedenste Epochen treffen direkt aufeinander
Verschiedenste Epochen treffen direkt aufeinander
So lässt es sich auch ganz gut im Zentrum leben
So lässt es sich auch ganz gut im Zentrum leben
Ich hätte in die Kathedrale reingehen sollen, dann hätte ich auch die Weltzeituhr gesehen
Ich hätte in die Kathedrale reingehen sollen, dann hätte ich auch die Weltzeituhr gesehen
In den engen Gassen der Stadt ist es kaum Möglich, ein Bild der ganzen Kathdrale aufzunehmen
In den engen Gassen der Stadt ist es kaum Möglich, ein Bild der ganzen Kathdrale aufzunehmen
Und dann doch das Europaparlament...
Und dann doch das Europaparlament...
...in das ich leider nicht hineinkommen konnte
...in das ich leider nicht hineinkommen konnte
Andere europäische Institutionen haben nicht minder beeindruckende, hochmoderne Bauten
Andere europäische Institutionen haben nicht minder beeindruckende, hochmoderne Bauten
Aber auch die französische Regionalverwaltung will da nicht hinten anstehen
Aber auch die französische Regionalverwaltung will da nicht hinten anstehen


Aber schnell zurück über die Grenze und weiter am Rhein entlang, den ich aber vorübergehend verlasse, um um Freiburg einen lange zugesagten und oft verschobenen Besuch nachzuholen - und auch dafür ist wieder viel zu wenig Zeit. Ein halber Tag muss reichen - ist aber nur für die Beine genug - naja, auch das nur bedingt. Aber ein Tag mit nur 40km im Flachen Gelände um den Kaiserstuhl ist schon echte Entspannung, trotz Gegenwinds. Das der Wind hier jeden Tag ein Thema ist, hätte ich so auch nicht erwartet - aber zum Glück hilft er meistens.

Und ruckzuck habe ich das nächste Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz bei Weil am Rhein erreicht und kann mir auch hier eine Stippvisite in Basel nicht verkneifen, kurz aber auch nachhaltig beeindruckend...



In Basel lässt man sich gern treiben - beim Baden in der Strömung des Rheins
In Basel lässt man sich gern treiben - beim Baden in der Strömung des Rheins
Weil die Schweiz klein, will oder muss man wohl hoch hinaus - der Neubau Roche 2
Weil die Schweiz klein, will oder muss man wohl hoch hinaus - der Neubau Roche 2
Diese Figur steht auf einer Brücke zwischen Deutschland und der Schweiz - aber offenkundig auf deutscher Seite, dann die Schweiz hat keine Maskenpflicht
Diese Figur steht auf einer Brücke zwischen Deutschland und der Schweiz - aber offenkundig auf deutscher Seite, dann die Schweiz hat keine Maskenpflicht
Immer wieder auf beiden Flussseiten schmucke Orte mit historischem Stadtkern - die Namen rauschen bei mir vorbei, weil ich nur selten anhalte und mir Zeit dafür nehme
Immer wieder auf beiden Flussseiten schmucke Orte mit historischem Stadtkern - die Namen rauschen bei mir vorbei, weil ich nur selten anhalte und mir Zeit dafür nehme


Nachhaltig verdorben - das stelle ich immer wieder an mir selbst fest. Ja, es gibt sehr viel Schönes in Deutschland und seinen Nachbarländern zu sehen und das meiste davon kenne ich nicht. Allerdings habe ich auf dieser Welt vieles andere schon gesehen, wovon ich so nachhaltig beeindruckt war, dass zahlreiche Highlights der Tour dagegen nur ins Hintertreffen kommen können. Besonders ist mir das beim Rheinfall in Schaffhausen bewusst geworden. Ein paarmal war ich schon hier und fand ihn auch immer ziemlich imposant und - er liegt ja nun mal auf der Strecke - lasse ich ihn natürlich auch nicht aus. Allerdings stand ich das letzte Mal in Iguazu in Argentinien/Brasilien vor einem großen Wasserfall - 2,7km breit, 70m Fallhöhe in mehreren Kaskaden und 70 einzelne Wasserfälle - der Rheinfall wäre da nur eine einzelne Stufe eines Wasserfalls - und nicht die beeidruckendste. Aber trotzdem schön!


 

Der zweite Abstecher in die Schweiz, wobei der Grenzverlauf einen ständig die Länder wechseln lässt
Der zweite Abstecher in die Schweiz, wobei der Grenzverlauf einen ständig die Länder wechseln lässt
Ich will ihn wirklich nicht klein reden
Ich will ihn wirklich nicht klein reden


Das gute Wetter hat mich ein bisschen im Stich gelassen und es gibt immer mal wieder Regen und Gewitter. Mal regnet es die ganze Nacht und ich muss morgens mühsam alles getrennt und nass einpacken, mal gießt jemand in einer viertel Stunde kübelweise Wasser aus - glücklicherweise saß ich gerade bei einer Pause unter einer Markise, die Wasserfälle produzierte. Danach sofort wieder Sonnenschein und man hat das Gefühl, einen Saunaaufguss gekommen zu haben. Dem Hochrhein folgt für mich jetzt der Bodensee (nein, es kommt kein Vergleich mit dem Titicacasee). Hier nutze ich den Komfort der zahlreichen Fähren über den See und kürze ab - nein, ich fahre möglichst dicht an der Grenze - von Konstanz nach Lindau. Vier Stunden, die ich auch dazu nutze, bei meinem Fahrrad die kleinen Gänge einzubauen, sprich: das kleine Kettenblatt und die zweite Kette aus dem Gepäck zu holen und aufzusetzen, denn jetzt geht es definitiv in die Berge und dafür können bei meinem Marschgepäck die Gänge gar nicht klein genug werden.



Konstanz klart erst auf, als ich es verlasse
Konstanz klart erst auf, als ich es verlasse
Jeder Hafen auf der Strecke wird angelaufen und ich lasse die Orte entspannt an mir vorbeiziehen
Jeder Hafen auf der Strecke wird angelaufen und ich lasse die Orte entspannt an mir vorbeiziehen
Wirklich schön...
Wirklich schön...
Schmierige Arbeit an Bord - man betrachte den Größenunterschied beider Kettenblätter
Schmierige Arbeit an Bord - man betrachte den Größenunterschied beider Kettenblätter
Lindau - das Ziel der Fahrt
Lindau - das Ziel der Fahrt
Die können hier im Süden auch Leuchtturm...
Die können hier im Süden auch Leuchtturm...
Und auch die Nächte in Lindau haben durchaus ihren Reiz
Und auch die Nächte in Lindau haben durchaus ihren Reiz
Es gibt auf der Insel aber nicht nur den Hafen...
Es gibt auf der Insel aber nicht nur den Hafen...

Die kleinen Gänge habe ich nicht eine Tag zu früh eingebaut, denn von Lindau geht's ins Allgäu und damit direkt in die Berge und kurz nach dem Start wartet auch schon die erste 18%-Steigung. Schweißtreibend!

Auf der halben Strecke nach Oberstdorf, meinem Tagesziel - weil südlichste Gemeinde Deutschlands - kommen schon man 1000 Höhenmeter zusammen. 

Manchmal bekommt man bei solchen Gelegenheiten schon negative Emotionen gegenüber den E-Bikern. Nicht weil sie einem am Berg davon fahren - dafür gibt's innerliche Verachtung für Leistungsverweigerung. Aber wenn denn ältere Damen, denen man vorher noch den Weg erklären musste (obwohl ich hier nun so gar nicht auskenne), die kaum in der Lage sind, sicher an der Ampel ihr Gefährt zu besteigen, dann an einem mit dem Spruch vorbeiziehen, dass sie jetzt aber doch schneller sind, dann reicht's. Es gibt ja ohnehin das Phänomen, dass die am sportlichsten aussehenden E-Mountainbikes von den schwergewichtigsten, unsportlichsten Menschen in viel zu engem Bikeroutfit gefahren werden. Man fragt sich immer, ob diesen Menschen keine guten Freunde haben, die ihnen erzählen, wie das aussieht...


Egal. Ich bin in den Bergen, das Rad funktioniert, ich werde ein Paket packen und nach Hause schicken, um unnötigen Ballast los zu werden und werde weiter berichten.

So muss es hier im Allgäu wohl aussehen
So muss es hier im Allgäu wohl aussehen
Campingplatz Oberstdorf - der Südzipfel
Campingplatz Oberstdorf - der Südzipfel

Richtungswechsel



Warum schreibt er eigentlich so wenig? Diese Frage mögen sich viele stellen, die mich auch sonst auf meinen Reise auf dieser Seite begleiten. Ja, ich schreibe sonst mehr...

Das hat verschiedene Gründe. Es gibt nicht so viel Überraschendes auf einer Reise durch Deutschland, alles irgendwie vertraut und geordnet, wenig abenteuerlich. Dazu kommt, dass ich tatsächlich sehr viel fahre - und trotzdem zu der Erkenntnis gekommen bin, dass ich die Runde wohl nicht in den sechs Wochen komplett schaffen werde - aber zumindest bis an die Ostsee sollte es schon reichen - bis Usedom bin ich schließlich schon vor zwei Jahren bei der Tour um die Ostsee an der deutschen Küste gefahren. Ich bin jetzt knapp fünf Wochen unterwegs und habe 3500km hinter mir und keinen einzigen Tag, an dem ich das Rad nicht mindestens 40km bewegt habe. Da bleibt nicht mehr so viel, um abends noch entspannt zu schreiben. Und schließlich ist da die Geschichte mit der Netzabdeckung in Deutschland. Die ist zumindest in vielen Grenzregionen eine Zumutung. Jetzt sitze ich in Eger in Tschechien auf dem Campingplatz und es läuft wie geschnitten Brot.



Oft spiel das Wetter ganz gut mit, es gelingt mir aber nicht immer, auf der Sonnenseite zu bleiben
Oft spiel das Wetter ganz gut mit, es gelingt mir aber nicht immer, auf der Sonnenseite zu bleiben

Bayern ist schön, aber...


Seit dem letzten Eintrag war ich fast ausschließlich in Bayern unterwegs - ja der Freistaat ist ganz schön groß und die Grenzen zu den Nachbarländern lang. Ab und zu bin ich auch mal in Österreich oder Tschechien unterwegs, wenn die Strecke dort besser ist oder etwas Interessantes auf der Strecke lockt. Das Allgäu und Oberbayern sind ja so die Vorzeigelandschaften. So muss es in Bayern aussehen. Ein riesiges Freilichtmuseum für eine Landwirtschaft, die dem Bild aus Janosch-Kinderbüchern entspricht und ohne massive Subventionen wohl schon längst verschwunden wäre. Viel Grün - offenbar ist der Pflug hierher noch nicht vorgedrungen - lässt die Gegend wir einen Park aussehen, viele Balkone mit Geranien und viel Tradition. So will es der Tourist aus dem In- und Ausland sehen. Dazu die Berge im Hintergrund - alles perfekt.



Glückliche Kühe mit Hörnern und Glocken (die nerven, wenn man im Zelt schläft)
Glückliche Kühe mit Hörnern und Glocken (die nerven, wenn man im Zelt schläft)
Genau so... aber wieso keine Geranien auf den Balkonen? Versagen des Fremdenverkehrsvereins
Genau so... aber wieso keine Geranien auf den Balkonen? Versagen des Fremdenverkehrsvereins
Und von gutem Essen versteht man hier auch eine ganze Menge
Und von gutem Essen versteht man hier auch eine ganze Menge
Tradition ist (fast) alles. Man beachte das Schwein, das seinen Schlachter traurig ansieht - wo bleibt da das Tierwohl?
Tradition ist (fast) alles. Man beachte das Schwein, das seinen Schlachter traurig ansieht - wo bleibt da das Tierwohl?

Apropos Berge: Das Konzept Berge verstehe ich nicht vollständig. Klar, sehen gut aus im Sonnenschein und von oben hat man auch einen tollen Ausblick. Aber immer sind sie im Weg und machen einem das Leben unnötig schwer. Von Lindau bis nach Berchtesgaden bin ich dem Bodensee-Königssee-Radweg gefolgt. Die schwersten alpinen Strecken habe ich mir damit erspart und die Strecke wird meistens abseits der Hauptstraßen durch schöne Gegenden geführt. Bergauf und bergab geht's trotzdem reichlich. Der deutlich anstrengendere Teil der Tour durch Bayern folgte aber erst, als ich am Königssee nach 3000km den Alpen den Rücken kehrte und mich seitdem nordwärts orientiere. Gut: Salzach, Inn, Donau - alles entspannt zu fahren und auf österreichischer Seite meistens auch mit den besseren Radwegen. Das dicke Ende kommt aber im Bayerischen Wald. Schluss mit Teilstrecken in der Ebene - hier geht es es kräftezehrend den ganzen Tag auf und ab. So kommen hier viel mehr Höhenmeter zusammen als am Rand der Alpen. Und wenn auf langen Steigungen 9% schon zur Erholung dienen, sagt das alles.

Marscherleichterung - alles was überflüssig ist, vor allem warme Kleindung, tritt per Post die Heimreise an. Das Rad ist auch so noch schwer genug für die vielen Höhenmeter
Marscherleichterung - alles was überflüssig ist, vor allem warme Kleindung, tritt per Post die Heimreise an. Das Rad ist auch so noch schwer genug für die vielen Höhenmeter
Am Königssee wende ich mich nordwärts
Am Königssee wende ich mich nordwärts
Es wäre die Gelegenheit gewesen, Neuschwanstein einmal ohne Asiaten und Amerikaner zu besichtigen. Es bleibt bei der Nachtaufnahme vom Campingplatz bei Füssen
Es wäre die Gelegenheit gewesen, Neuschwanstein einmal ohne Asiaten und Amerikaner zu besichtigen. Es bleibt bei der Nachtaufnahme vom Campingplatz bei Füssen
Letzter Blick zurück auf die Alpen
Letzter Blick zurück auf die Alpen
Wieder einer dieser Kurzvisiten im Durchfahren: Salzburg
Wieder einer dieser Kurzvisiten im Durchfahren: Salzburg
Selbstverständlich mit Burg
Selbstverständlich mit Burg
... und selbstverständlich auf mit der Salzach, der ich bis zum Inn folge
... und selbstverständlich auf mit der Salzach, der ich bis zum Inn folge


Die Schönheit Bayers - zumindest in den grenznahen Regionen endet irgendwann, wenn man aus Oberbayern nach Niederbayern und in die Oberpfalz kommt. Hier sieht strukturschwache Region genauso trostlos aus, wie überall in Deutschland. Viel Lehrstand in den Innenstädten, verlassene Häuser, Tristesse. Dieses Bild will nicht so richtig zum Musterbundesland mit Hightech und Tradition passen. Und auch der Nationalpark Bayerischer Wald hat seine deutlich sichtbaren Narben. Klar, in einem Nationalpark soll sich die Natur unabhängig vom Menschen entwickeln. Und so überlässt man dem Borkenkäfer die Fichten. Ein Problem, dass ich überall auf der Reise gesehen habe, aber nirgends so ausgeprägt wie hier.



Nur zur Gefahrenabwehr werden die toten Fichten gekappt - und liegen gelassen
Nur zur Gefahrenabwehr werden die toten Fichten gekappt - und liegen gelassen
Es geht aber auch anders
Es geht aber auch anders


Viel zu wenig Zeit bleibt für Begegnungen mit Mensch, Tier und Natur. Aber ab und zu trifft man doch auf besondere Typen, die das Reisen so interessant machen. 



Der Gegenentwurf zu meinem Fahrrad auf neustem technischen Stand...
Der Gegenentwurf zu meinem Fahrrad auf neustem technischen Stand...
Petroleumlampe aus dem Jahr 1916 und
Petroleumlampe aus dem Jahr 1916 und
... eine Grableuchte an der Munitionskiste als Rücklicht
... eine Grableuchte an der Munitionskiste als Rücklicht

 

Heute bin ich einem Teil der insgesamt ca. 10.000km langen Iron Curtain Route gefolgt, die durch ganz Europa an der ehemaligen Schnittstelle der unterschiedlichen politischen Systeme verläuft. Immer direkt an der Grenze zwischen der Tschechischen Republik und Deutschland. Den letzten Zipfel Tschechiens, der nach Deutschland hineinragt, schneide ich ab, verlasse Bayern und morgen werde ich durch Karlsbad in Richtung Sachsen fahren. Noch einmal ein Richtungswechsel nach 3500km nach Osten, und dann der Endspurt an der Neiße und der Oder entlang zur Ostsee - dort werde ich mich dann wohl irgendwo abholen lassen müssen - ich werde berichten.

 

 

Ein ganz schlimmes Problem in Bayern: Grafitti an Hauswänden
Ein ganz schlimmes Problem in Bayern: Grafitti an Hauswänden

Endspurt

 

Inzwischen bin ich wieder zu Hause angekommen und sitze entspannt am Schreibtisch berichte über den Rest der Reise. Mein letzter Bericht aus Bayern endete ja mit der Skepsis, ob ich den Rest der Strecke überhaupt auf eigenem Reifen schaffen kann. Diese Skepsis hat seinen Grund: Ich habe noch 10Tage Zeit für eine Strecke von ca. 1400km - also durchaus eine sportliche Herausforderung, die meinen Ehrgeiz anstachelt. Aber es ist möglich.

Die schweren Tage in den Bergen Oberbayerns, Niederbayerns und der Oberpfalz stecken mir in den Knochen und vor mir liegt das Erzgebirge. Das erleichtert mir die Entscheidung, mich zu drücken. Ich bin ja noch in Tschechien und Karlsbad will ich mir ansehen. Ich bleibe auf dieser Seite der Grenze und erspare mir die 1200 Höhenmeter nach Oberwiesenthal, sondern suche mir weiter östlich eine leichtere Rückkehr nach Sachsen. Karlsbad konnte mich nicht so begeistern, wie ich es erwartet hatte und so blieb es dort bei einem deftigen Mittagessen mit böhmischen Spezialitäten. Ansonsten ist die Gegend geprägt von viel Braunkohletagebau, Kraftwerken und chemischer Industrie. Nicht so wirklich sehenswert. Allerdings gibt es Tschechien hervorragende Radwege, die gut ausgeschildert sind und auf denen man sicher von Ort zu Ort kommt. Allerdings wähle ich teilweise auch die Hauptstraßen, um schneller voranzukommen - geht.

 

Tolle Radwege ich Tschechien - hier auf einer ehemaligen Bahntrasse
Tolle Radwege ich Tschechien - hier auf einer ehemaligen Bahntrasse
Karlsbad - eine gepflegte Stadt, konnte mich aber nicht richtig begeistern. Vielleicht habe ich die echten Seheswürdigkeiten auch nur nicht gefunden.
Karlsbad - eine gepflegte Stadt, konnte mich aber nicht richtig begeistern. Vielleicht habe ich die echten Seheswürdigkeiten auch nur nicht gefunden.

 

Nach einer weiteren Übernachtung in Tschechien kehre ich nach Deutschland zurück und erreiche Sachsen. In rasender Fahrt erreiche ich in Königstein das zweite Mal auf der Tour die Elbe. Direkt am Ufer finde ich einen kleinen Zeltplatz mit Blick auf den Fluss, den Ort und die Burg.

 

Von hier aus könnte ich ganz schnell nach Hamburg fahhren... Will ich aber nicht!
Von hier aus könnte ich ganz schnell nach Hamburg fahhren... Will ich aber nicht!
Morgenstimmung an der Elbe
Morgenstimmung an der Elbe

 

Aus dem Elbtal geht es noch einmal über das Elbsandsteingebirge - ein Klacks im Vergleich zu dem, was hinter mir liegt. Ab Bad Schandau geht's noch einmal ein paar hundert Höhemeter nach oben und für mich noch einmal zurück in die Tschechische Republik, weil ich doch bis nach Zittau möchte, um von dort dem Oder-Neiße-Radweg entlang der polnischen Grenze zur Ostsee zu folgen. Eben Deutschland von A (wie Aventoft an der dänischen Grenze) bis Z (wie Zittau am Dreiländereck D - PL - CZ). Und noch einmal die deftige und gute Küche in unserem Nachbarland (zu sehr günstigen Preisen) zu genießen. Merke: Wenn man an einem Wochenende in ein gut besuchtes Restaurant in Grenznähe geht, sollte man landestypisches Essen bestellen. Ein Steak ist keine gute Idee - weder von der Zubereitung, noch von der Zeit, die es dauert. Ist eben "Spezial" und dauert deswegen länger... Auch eine Erfahrung. Zu spät. Ich verlasse unser Nachbarland und ab Zittau wird's für mich leicht. Die Orientierung wird leicht, weil ich immer dem Oder-Neiße-Radweg folge und auch die Fahrt wird leicht, denn der Radweg ist wie eine Autobahn. Vor allem aber gibt es ab jetzt keine Berge mehr.

 

Der äußerste Winkel im Südosten
Der äußerste Winkel im Südosten
Die gepflegte Innenstadt von Zittau - aber anscheinend ist niemand zu Hause
Die gepflegte Innenstadt von Zittau - aber anscheinend ist niemand zu Hause
Ab hier beginnt die Sprintstecke nach Hause. Die Neiße am Grenzübergang nach Polen in Zittau
Ab hier beginnt die Sprintstecke nach Hause. Die Neiße am Grenzübergang nach Polen in Zittau

 

Görlitz ist das Ziel der Tagesetappe. Görlitz ist ein Ort mit dem ich nichts verbinde, außer dass es die östlichste Gemeinde Deutschlands ist - der letzte Zipfel der Tour. Ansonsten ist es für mich ein Ort, der weit weg ist, irgendwo tief im östlichen Sachsen an der polnischen Grenze. Entsprechende Bilder habe ich im Kopf... und entschuldige mich ausdrücklich dafür. Denn Görlitz ist für mich die größte Überraschung auf der Reise. Mit diesem Stadtbild hatte ich nicht gerechnet. Viele geschlossene Straßenzüge aus der Gründerzeit und nur wenige noch nicht sanierte Gebäude. Wikipedia verrät, dass es hier mehr als 4000 Baudenkmäler gibt und deswegen gern als Filmkulisse genutzt wird. Den positiven Eindruck runde ich hier noch einmal mit einer Hotelübernachtung ab, um mich und meine Sachen noch einmal auf Vordermann zu bringen.

 

 

An der dänischen Grenze habe ich ja noch die Nase über den Grenzzaun der Dänen gegen Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest durch Wildschweine gerümpft. Der deutsche Zaun zu diesem Zweck ist nicht so massiv, dafür elektrisch geladen und ich folge ihm über mehrere hundert Kilometer an der polnischen Grenze in Sachsen und Brandenburg. Die Dänen sind nur konsequenter und haben eine langlebigere Lösung gewählt. In der Sache gibt es keinen Unterschied!

 

Und auch die Grenzpfähle an der deutsch-polnischen Grenze - auf beiden Flussseiten - sind neu. Diese habe ich an keiner anderen Grenze zu einem der anderen Nachbarländer gesehen. Hier stehen hunderte. Ansonsten bewege ich mich jetzt in einem Naturparadies, welches mich schließlich in den Nationalpark Unteres Odertal führt.

 

 

Und ich dachte, die Störche spielen in Kiel...
Und ich dachte, die Störche spielen in Kiel...
Jede Menge Natur, nicht nur am Zusammenfluss von Oder und Neiße
Jede Menge Natur, nicht nur am Zusammenfluss von Oder und Neiße
Endlose Weiten in der Uckermark - Landwirtschaft in anderen Maßstäben
Endlose Weiten in der Uckermark - Landwirtschaft in anderen Maßstäben