Abenteuer Island - per Tandem

Zum dritten Mal lockt mich die schöne, raue Insel im Nordatlantik zu einer Radtour. In den zweieinhalb Wochen ist eine kleine Rundtour zu den Highlights des Südens geplant mit Abstechern ins Hochland. Wieder einmal Anfang Juni: eigentlich zu früh für die Geburtsstätte von Tiefdruckgebieten und der Süden ist die regenreichste Region der Insel - aber der norddeutsche Frühling härtet ja ab. Meine 10. Radreise ist zugleich Premiere: erste Reise zu zweit, auf einem Tandem mit Trailer!
Auf geht's!

Meine erste Radreise führte mich vor neun Jahren nach Island - eine Liebe auf den ersten Blick und so lockt es mich immer wieder auf die "Insel aus Feuer und Eis". 2004 hatte ich mir neue Radtaschen und Gepäckträger gekauft und erstmals in Keflavik beladen. So ähnlich fühle ich mich jetzt nach 27.000 km Radreisen auf 4 Kontinenten wieder. Zwar sind die Packtaschen noch dieselben, aber rundherum ist alles anders. Ein Tandem musste in einen Karton gebracht werden unter Beachtung von 2,21m Höchstlänge und max. 23 kg Gewicht - geht nicht. Also ein Fahrrad, zwei Kartons und der Einradanhänger muss auch noch mit, denn erstmals geht's zu zweit auf eine Radreise. Hinter mir wird Susanne Platz nehmen. Zweieinhalb Wochen sollen für diesen ersten gemeinsamen Härtetest reichen. Und wer weiß, vielleicht gönnt uns ja ein Vulkanausbruch auch einen kleinen Nachschlag...

 

Start am Flughafen Keflavik

Bei dieser Reise habe ich es nicht geschafft, meine Eindrücke live von unterwegs ins Netz zu stellen und so komme ich meiner Chronistenpflicht erst jetzt, ein paar Wochen nach unserer Rückkehr nach Deutschland nach. Um es vorweg zu nehmen: Den Härtetest haben wir bestanden. Wir sind nicht nur gemeinsam gestartet, sondern auch gemeinsam mit dem Fahrrad zum Flughafen Keflavík zurückgefahren und auch hier in der Heimat haben wir schon wieder zusammen auf dem Tandem gesessen. So gesehen alles gut! Dazwischen lagen allerdings viel Wind, Kälte und Regen.
Aber der Reihe nach...
Meine einleitenden Worte zu diesem Reisebericht, dass ein Start Anfang Juni eigentlich zu früh für Island ist, fand gleich in Hamburg auf dem Flughafen eine erste indirekte Bestätigung. Rechtzeitig zwei Stunden vor dem Abflug stehen wir morgens um 06.00 Uhr zum Einchecken auf dem Hamburger Flughafen. Sehr freundlich begrüßt uns der Mitarbeiter von Iceland Air und fragt, ob wir denn wüssten, dass es der erste Flug in dieser Saison der Fluggesellschaft von Hamburg nach Island wäre. Wussten wir nicht, sind aber von seiner Hilfsbereitschaft und dem günstigen Preis von 56,- € für unsere beiden riesigen Kartons begeistert.
Nach 3 ½ Stunden Flug landen wir dann in Keflavík und der erste Eindruck schon hier am Airport wird sich im Laufe der nächsten Wochen immer weiter verfestigen: Der Tourismus auf Island boomt. Als ich vor sechs Jahren das letzte Mal hier war, wirkte das Terminalgebäude noch sehr verschlafen, jetzt drängen sich die Reisenden an den Schaltern und Rund um den Flughafen haben sich zahlreiche Firmen der Tourismusbranche angesiedelt. Nur drei Zahlen, die die Entwicklung drastisch belegen: Als ich 2004 das erste Mal hier war, träumten die Isländer noch, einmal mit etwa 300.000 Touristen im Jahr so viele Gäste begrüßen zu können, wie das Land Einwohner hat. Im vergangenen Jahr besuchten 700.000 Reisende die Insel und für 2016 wird die Million angepeilt! Mancherorts wird es da schon in der Vorsaison recht eng!

 

Die Teile aus zwei Kartons fast komplett montiert. Die zugige Ecke im Terminal lässt ahnen, was uns draußen erwartet!

Irgendwie muss alles mit!

 

Aber der erste Eindruck auf dem Flughafen verflüchtigt sich schnell. Wir verziehen uns mit unserem Gepäck in eine Ecke des Ankunftsbereichs, um Fahrrad und Trailer zu montieren und unsere Sachen zu packen. Im Laufe der Zeit leert sich das Terminal und als wir startklar sind, wird es schon fast schwierig, noch einen Kaffee und einen kleine Snack als Stärkung zu bekommen, weil die meisten Geschäfte gegen Mittag schon geschlossen sind. Nachdem wir das Problem der Aufbewahrung der Fahrradkartons recht unkonventionell gelöst hatten - wir haben sie in einer Gerümpelecke außerhalb des öffentlichen Bereichs mit einem Hinweis, dass wir sie nach 2 ½ Wochen wieder abholen, deponiert (der genaue Ort wird nicht verraten, man weiß ja nie... ;-)) - geht's raus in den kalten, stürmischen Wind und zu allem Überfluss zwingt uns der einsetzende Regen sofort in die wasserdichten Klamotten.

Alles an Bord, Kartons versteckt, Kaffee und Kuchen als Stärkung - jetzt kann es endlich losgehen.

 

Nach einem Abstecher in einen Bonus-Markt an der Strecke fahren wir dann gegen den heftigen Wind auf dem Seitenstreifen der Autobahn durch die Lavalandschaft der Halbinsel Reykjanes nach Reykjavík.
Auch wenn sich der Wind zu unseren Gunsten dreht, gibt es keinen guten Grund für längere Stopps und Umwege und so erreichen wir abends nach 61km ziemlich nass und müde den riesigen Campingplatz von Reykjavík.

 

Reykjavik - Stadtrundgang im Regen

Es ist noch früh in der Saison und der lange Winter, gefolgt von einem kalten und verregneten Frühjahr zu Hause haben uns konditionell ziemlich schlecht vorbereitet in den Urlaub starten lassen. Jedenfalls sind heute die Beine von der harten Gegenwindstrecke schwer. Deswegen und weil Reykjavík nicht gerade für Radfahrer gebaut wurde, erkunden wir die Stadt zu Fuß und mit dem Bus. Von der Staatspleite vor fünf Jahren ist in der Stadt nichts zu spüren. Viele moderne Neubauten säumen das Ufer zum Hafen und riesige Autos prägen das Straßenbild (Mal ehrlich: Wer hat schon mal einen Hummer als Strech-Limo oder als Wohnmobil gesehen?). Der strömende Regen lässt die City-Tour allerdings zu einem Kurzprogramm schrumpfen.

Schwere Beine, ein langer erster Urlaubstag und der prasselnde Regen auf dem Zelt lassen uns lange in den Schlafsäcken bleiben.

Die moderne Skyline dieser kleine Metropole am Fjord

Das "Weiße Haus" - im Kalten Krieg fand hier 1986 ein Gipfeltreffen zwischen Reagan und Gorbatschow statt

Monstertrucks - absolut nichts Ungewöhnliches in Island!

 

Der beeindruckendste Neubau der Stadt ist wohl das Opernhaus am Hafen, die HARPA, das fast dem Bankencrash zum Oper gefallen wäre, dann aber mit chinesischer Finanzspritze fertig gestellt werden konnte - ein unbedingt sehenswertes Gebäude! Ansonsten hat uns eine sehr spezielle Vulkan-Show vor noch mehr Regen bewahrt (ca. 60 Jahre Vulkanismus auf Island von Vater und Sohn in bewegten Bildern dokumentiert) bevor wir die Flucht ins Zelt und die Gemeinschaftsküche auf dem Campingplatz angetreten haben.

Die HARPA - das eindrucksvolle, neue Opernhaus direkt am Hafen - aber wirdlich interessant sind die Details...

Fensterputzer mit Kletterausrüstung im Innern der Glasfassade

Sitzgruppen im Innenraum mit Aussicht

Beeindruckend sind die schlichte Eleganz der verwendeten Materialien und die klare Linienführung

Immer neue, interessante Perspektiven

Irgendwie kommt man sich in diesem Gebäude recht klein vor - gerade, wenn nur so wenige Besucher da sind.

Das moderne Rathaus am Stadtsee, dem Tjörnin

Die Hallgrímskrikja, das weithin sichtbare Wahrzeichen der Stadt - den Innenraum konnten wir wegen einer Veranstaltung nicht besichtigen und wegen der schlechten Sicht haben wir auch nicht den Turm bestiegen

Vor der Hallgrímskirkja steht eine Statue von Leif Eriksson, dem wahren Entdecker Amerikas

In den Nebenstraßen findet man es noch, das alte Reykjavík

Der "Golden Circle"

 

Þingvellir

Der Golden Circle ist für jeden Islandreisenden Pflichtprogramm und da die Stationen Þingvellir, Geysir und Gullfoss alle im Nahbereich Reykjavíks liegen, selbst für Tagestouristen, die mit dem Kreuzfahrtschiff kommen, beim Landgang zu schaffen. Ganz so schnell sind wir nicht unterwegs. Über Nebenstrecken verlassen wir die Hauptstadt und entkommen so dem dichten Verkehr. An den Berghängen liegen Schneefelder noch fast bis auf Meeresniveau hinunter. Auch hier war der Winter lang und hart, mit der Folge, dass bis weit in den Juni hinein noch alle Hochlandpisten gesperrt sind. Uns schiebt der Wind heute auf gutem Asphalt in den Nationalpark Þingvellir. Kurz vor dem Campingplatz holt uns dann der Regen wieder ein und nachdem das Zelt steht, belohnen wir uns mit Softeis, heißer Schokolade und einer ausgiebigen Dusche. Am nächsten Tag ist uns der Wettergott an dem alten Thingplatz der Wikinger gnädig und so stehen wir bei Sonnenschein direkt an der Stelle, wo die amerikanische und die europäischen Kontinentalplatten auseinanderdriften. Die Spalten mit glasklarem Wasser in der Landschaft und vor allem die Almannagjá (Allmänner-Schlucht) machen diesen Vorgang sehr anschaulich. Hier hatte eines der ältesten Parlamente der Welt seinen Sitz, an dem sich alle freien Bauern zum Thing versammelten und bis heute werden hier besondere Anlässe begangen. Die UNESCO hat diesen ganz besonderen Ort als Weltkulturerbe geadelt.

Der Hauptstadtverkehr liegt hinter uns und die Natur vor uns. Im Hintergrund sieht man den Schnee, der noch fast bis zum Fjord hinunterreicht.

Gleich hinter dem Parkplatz beeindruckt der Öxarárfoss, der in die Almannagjá stürzt

Die Allmännerschlucht - früher Versammlungsplatz aller freien Bauern zum jährlichen Thing

Die Kirche von Þingvellir - wohl eines der bekanntesten Fotomotive Islands...

...und noch einmal aus der Nähe

Hier trennen sich Europa und Amerika

Das Wasser in den Spalten ist glasklar und deswegen ein beliebtes Tauchrevier

Bei so viel Wasser in der Gegend dürfen Graugänse und viele andere Wasservögel natürlich nicht fehlen

Das nächste Ziel ist klar...

 

Geysir

Straßen gibt's, die gibt's gar nicht - zumindest nicht auf meiner Karte. Ich hatte geglaubt, dass sich in den paar Jahren, seit ich hier war, nicht viel verändern und ich mir deswegen den Kauf einer neuen Straßenkarte ersparen könne - Irrtum! Es hat sich viel getan und schon fährt man auf einer funkelnagelneuen Straße, wo die Karte noch die unberührte Natur zeigt. So auch auf der Strecke von Þingvellir zum Geysir - Touristen-Highway. Als wir gegen Abend am Geysir ankommen, ist es schon wieder recht ruhig, die meisten Besucher sind wieder auf dem Weg in ihre Quartiere. Der Campingplatz liegt direkt neben dem Geysirfeld, und es ist schon ein bisschen kurios. Das heiße Wasser sprudelt hier überall aus dem Boden und fließt dann im Straßengraben vorbei am Campingplatz, aber der hat als einziger, den wir besucht haben, keine heiße Dusche! Dafür gibt es gegenüber im Hotel ein Schwimmbad, das gegen alle sonstigen Erfahrungen in isländischen Bädern ungepflegt, dreckig und eklig ist.

Eine mächtige Blase kündigt den nächsten Ausbruch des Strokkur an...

...und dann geht die Post ab...

...nur schade, dass der Hintergrund auch grau ist:-(

Der eigentliche Geysir dampft vor sich hin, ist aber seit vielen Jahren nicht mehr aktiv. Er gab allen anderen Geysiren auf der Welt ihren Namen

Hier kocht das Wasser ständig vor sich hin und auf dem Campingplatz 100m weiter gibt es keine heiße Dusche...

 

Am Strokkur bildet sich im Abstand von wenigen Minuten immer wieder eine riesige Blase über dem Wasserloch und dann schießt er 10 - 15m in die Höhe - ein tolles Schauspiel. Der eigentliche Namensgeber aller Geysire ist wesentlich größer und liegt nur ein paar Meter weiter, ist aber nicht mehr aktiv.

 

Gullfoss

Heftiger Gegenwind lassen die 10km zum Gullfoss am nächsten Tag ziemlich lang werden. Und auch hier kommen wir bei Regen an - das ist kein Spaß... Naja, an einem Wasserfall muss man immer damit rechnen, nass zu werden. Und der Eindruck dieses gigantischen Wasserfalls, der in zwei Stufen in die Tiefe stürzt, leidet auch nicht unter dem bisschen Wasser von oben. Hier sind wir um die Mittagszeit eingetroffen und der Touristenboom auf Island wird greifbar.

Auf dem Weg zum Gullfoss

Island ist Pferdeland - nur wenn sie die Insel einmal verlassen haben, dürfen sie nie wieder zurück in ihre Heimat

In zwei gigantischen Kaskaden stürzen die Wassermassen des Gullfoss in die Tiefe

Die erste Stufe - winzig erscheinen die Menschen auf der Plattform am Rande des Flusses

Kaum zu glauben: Der Gullfoss sollte anfang des 20. Jahrhunderts zugunsten eines Wasserkraftwerks in einem Stausee verschwinden. Dem unermüdlichen Einsatz des Eigentümers des Landes und seiner Tochter ist es zu verdanken, das dieses Naturschauspiel erhalten blieb

Unbändige Wucht des Wassers wird hier greifbar!

 

Abschied vom Hochland

Planung ersetzt bekanntlich den Zufall durch den Irrtum. Und in unsere Planung waren gleich zwei Irrtümer eingebaut. Einerseits der Irrtum über die Witterungsbedingungen und wie kurz die Tagesetappen dadurch werden können, andererseits über die Befahrbarkeit der Hochlandstrecken. Eigentlich wollten wir vom Gullfoss in Richtung Landmannalaugar abbiegen auf ca. 200 km Hochlandpiste. Die Sperrung der Strecken macht uns die Entscheidung leicht, eine andere Route zu wählen, auch wenn uns dadurch die einzigartige vulkanische Berglandschaft entgeht. In Fluðir sind wir die einzigen Gäste auf einem riesigen Campingplatz und bleiben es auch ungeplant eine zweite Nacht, denn der stürmische Wind und wieder einmal starker Regen motivieren uns nicht, das Zelt zu verlassen. Der Ort bietet einen Supermarkt und ein Schwimmbad, wo wir in 42° heißem Wasser entspannen können - was braucht man mehr. Am nächsten Tag erreichen wir dann die Ringstraße und damit die Hauptverkehrsader Islands. Meistens geht es schnurgeradeaus und nach Lava- und Vulkanaschefeldern folgt weites Marschland mit Rindern, Schafen und natürlich vielen Islandponys.

Abseits der Ringstraße geht es zunächst auf gutem Schotter weiter - und wir sind nicht allein auf der Piste

Die letzte Brücke über den Markarfljót vor vielen Furten durch das Eiswasser - und auch hier war unklar, ob wir sie passieren können, denn nicht auf allen Landkarten ist sie verzeichnet und wegen Baufälligkeit nur noch für Radfahrer und Fußgänger freigegeben

 

So ganz will uns der Gedanke dann doch nicht gefallen, die nächsten Tage auf dieser Straße zu fahren und deswegen biegen wir hinter Hvolsvöllur in Richtung Þórsmörk ab, einer rauen Landschaft umrahmt von drei Gletschern. Einer davon ist der Eyjafjallajökull - ihr erinnert euch? Das ist der Gletscher mit dem darunter liegenden gleichnamigen Vulkan mit dem unaussprechlichen Namen,  der vor drei Jahren den Flugverkehr lahm legte. 30 km Schotterpiste liegen vor uns - Sackgasse, also auch wieder zurück. Am Ende der Pisten liegen mehrere Campingplätze und hier beginnen die Wanderrouten in die Berge. 30km Schotter sind ja keine Problem. Wären da nicht die Gletscherbäche - natürlich ohne Brücken. 21 haben wir gezählt. Ein eiskaltes Erlebnis.

Immer wieder führt die Straße durch Gletscherbäche

Mit Glück kann man durch die flache Bäche fahren - wenn denn der Untergrund auch fest genug ist. Aber das merkt man erst unterwegs. Immerhin werden die Füßen nicht eiskalt...

...nach einer breiten Furt sind die Füße von der Kälte komplett gefühllos  :-(

Und die Gletscher ringsum liefern ständig nach Nachschub an eisigem Wasser

Schön auch die Hinweisschilder, wie man die Flüsse durchfahren soll - insbesondere der letzte Hinweis, man solle warme und auffällige Kleidung tragen lässt viel Interpretationsspielraum

 

Irgendwann gibt man es auf, sich die Füße abzutrocknen und die Sandalen wieder gegen Schuhe und Strümpfe einzutauschen. Wenn die Zehen von der Kälte erst mal gefühllos sind, ist das auch fast schon egal. Die Bäche sind nicht besonders tief. Das Fahrrad lässt sich mit Anhänger und Packtaschen ganz gut hindurch schieben, manchmal können wir auch fahren. Nur die breiten Furten tun weh - das Wasser ist doch a...kalt! Und am Ende locken die Campingplätze hoffentlich mit einer heißen Dusche. Gleich zwei Campingplätze können wir sehen. Von beiden trennen uns so breite, tiefe und reißende Bäche, deren Überquerung wir nicht riskieren wollen. Da kommt schon ein bisschen Neid auf, wenn die monströsen Geländewagen zahlende Gäste warm, trocken und sehr komfortabel durch die Gegend und Bäche bringen. Uns bleibt nur ein schöner, ruhiger Platz am Fuß eines kleinen Berges, die Abend- und Morgentoilette im Gletscherwasser und eine heiße Schokolade. Immerhin kommen wird hier ohne Regen auch wieder zurück, auch wenn tief hängende Wolken uns nicht die ganze Schönheit der Gegend sehen lassen.

In Sichtweite des Campingplatzes zelten wir am Fuß dieses kleinen Berges - einziger Komfort: fließend kaltes Wasser

Nudeln mit Tomatensoße, heißer Kakao und dann ab in den Schlafsack - Kälte hatten wir heute genug

Bizarre Formationen hat die erstarrte Lava aus den Vulkanen ringsum geschaffen

 

Das Highlight des Tages erwartet uns auf der Rücktour kurz bevor wir wieder auf der Ringstraße ankommen. Damit ist ganz bestimmt nicht der grauenhafte Kaffee im Café am Seljalandsfoss gemeint, sondern der kleine, aber sehr feine Wasserfall selbst. Er präsentiert sich uns in schönstem Sonnenschein und wird von Susanne sofort zu ihrem Lieblingswasserfall erklärt.

Der Seljalandsfoss in perfektem Sonnenschein und bei blauem Himmel wird spontan von Susanne zum Lieblingswasserfall erklärt

Immer wieder neue Perspektiven

Der Seljalandsfoss ist einer der wenigen isländischen Wasserfälle, hinter denen man herumgehen kann

Und noch ein letztes Foto vom Seljalandsfoss

 

Unser Tagesziel ist der Campingplatz am Skógarfoss, auch einer dieser Bilderbuchwasserfälle in Island. Als wir ankommen ist die Sonne wieder hinter den Wolken verschwunden, der kleine Laden ist geschlossen, sodass wir unsere Vorräte nicht ergänzen können und in dem kleinen Imbiss am Wasserfall bekommen wir nur noch eine ziemlich lustlos zubereitet Waffel als kleinen Motivator bevor wir im einsetzenden Nieselregen unser Zelt mit Aussicht auf den Wasserfall aufbauen. Den Spaziergang zum Wasserfall verschieben wir in der Hoffnung auf besseres Wetter auf den nächsten Morgen. Immerhin regnet es dann tatsächlich auch nicht, aber das trübe Licht lässt keine wirklich schönen Bilder entstehen. So bleibt der Seljalandsfoss weiter auf Platz 1 der Favoritenliste.
Die Marschen entlang der Südküste prägen weiter das Bild und auch der Gegenwind bleib uns erhalten.

Auf unserem Weg Richtung Skógarfoss liegen nördlich der Ringstraße  Berge und Gletscher, im Süden erstrecken sich die saftig grünen Wiesen bis an den Atklantik

Und wieder eine der vielen Sehenswürdigkeiten direkt an der Ringstraße: der Skógarfoss - leider ohne Sonne und blauen Himmel

Hat wirklich jemand Zweifel, dass es in Island Trolle gibt?

In der Schlechtwetterküche Islands angekommen

 

Abstecher nach Dyrhólaey

Kurz vor dem kleinen Ort Vík zweigt eine kleine Stichstraße zu den Klippen von Dyrhólaey ab. Wir lassen unser Gepäck und den Anhänger bei einer kleinen Siedlung und fahren an die Küste. Im Nebel und Nieselregen wirkt der Ort geradezu mystisch und der schwarze Basalt bildet abenteuerliche Felsformationen vor der Brandung des Atlantiks. Zahlreiche Wasservögel bevölkern die schwarzen Strände und locken die Birdspotter an.

Die bizarren Felsen und schwarzen Strände von Dyrhólaey

Sieht solide aus, trotzdem trauen wir uns nicht auf diesen Bogen aus Basaltblöcken

Wie an vielen Stellen in Island ist die Lava hier zu sechseckigen Basaltsäulen erstarrt...

...und wird vom der Gewalt der Brandung in einem endlosen Prozess zu kleinen, glatten Kieseln verarbeite

Unter den vielen Wasservögeln findet sich natürlich auch der Favorit aller Birdspotter - auf Isländisch: der Lundi

 

Zwei kurze, aber sehr steile Anstiege trennen uns noch von Vík und einer warmen Mahlzeit in der Raststätte an der Ringstraße, bevor wir unser Lager für die nächsten drei Nächte auf dem Campingplatz des Ortes aufschlagen.
Noch einmal zum Wetter in Island. Das Wetter auf der Insel ist sehr wechselhaft und regional sehr unterschiedlich, sodass die Vorhersagen extrem schwierig sind und meistens nicht länger als 12 Stunden im Voraus einigermaßen zuverlässig sind. "Morgen wird das Wetter gut" hörten wir oft und wurde zum running gag der Tour. Meistens kam es nämlich anders. Einigermaßen zuverlässig sind allerdings die Aussagen, dass der Nordosten Islands mit durchschnittlich 300mm Niederschlag pro Jahr sehr trocken und der Südwesten mit ca. 2000mm Niederschlag das Regenloch der Insel ist - und Vík liegt mitten in diesem Loch. Es ist wohl der Ort mit dem schlechtesten Wetter der Insel. Die Atlantikküste, die Gletscher und die Berge ringsum leisten hier in der Wetterküche ganze Arbeit. Drei Tage Sturm und Regen bestätigen uns diese Feststellungen.

Ein Teller traditioneller isländischer Suppe mit viel Schafsfleisch sättigt und wärmt

Mit der Zeit ein vertrauter Anblick: Alles ist vom Dauerregen nass

Die schwarzen Strände, die Felsformationen und die Höhlen aus Basaltgestein sind eigentlich eine Wanderung wert - aber bei Windstärke 8 und Nieselregen wird der Ausflug an die Küste sehr kurz

 

Vor uns liegen ca. 200 - 300 km recht langweiliger Strecke bis zu unserem ursprünglich geplanten Wendepunkt der Reise, der Gletscherlagune Jökulsárlón. Unterwegs liegt auch noch der Nationalpark Skaftafell. An eine Fahrt gegen den Sturm ist aber nicht zu denken. Deswegen entschließen wir uns, mit dem Linienbus nach Jökulsárlón zu fahren, um diesen einzigartigen Ort nicht zu verpassen. Kaum sind wir aus Vík heraus, hört der Regen auf und bei dem Zwischenstopp im Nationalpark Skaftafell zeigen sich die Berge und Gletscher in herrlichem Sonnenschein. Für eine Wanderung reicht die Zeit aber nicht mehr (und damit bekommt der Svartifoss keine Chance, den Seljalandsfoss von der Spitze der Favoritenliste zu verdrängen) und wir setzen die Fahrt bis Jökulsárlón fort. Nur der Strand und die Ringstraße trennen die Gletscherlagune Jökulsárlón vom Atlantik, mit dem sie durch einen kurzen Flusslauf verbunden ist, der mit den Gezeiten seine Richtung ändert und Salzwasser in die Lagune bringt. Dieses ist auch der Grund, dass der Vatnajökul, der größte Gletscher Europas, an dieser Stelle unterhöhlt wird und laufend Eisberge in den See kalben - ein unvergesslicher Anblick. Natürlich unternehmen wir eine Fahrt mit einem Amphibienfahrzeug in die Lagune und probieren das ca. 1000jährige Gletschereis.

Im Hintergrund der Vatnajökul, der unablässig Eisberge in die Lagune kalbt

Immer neue Gebilde in Eis...

Das Blau soll nur eine optische Täuschung sein - ist aber täuschend echt!

Mit dem Amphibienfahrzeug fahren wir auf der Lagune und rundherum nichts als Eisberge!

Der Job macht offensichtlich schmerzfrei: Während eines längeren Vortrages über die Lagune und das Eis legte der junge Mann den Eisblock nicht aus den Händen und zertrümmerte ihn später für eine Kostprobe

Kann man ja auch mal versuchen - gelingt aber nur kurz ;-)

Das kristallklare, uralte Eis kann man bedenkenlos genießen

Sie haben wohl die besten Daunen und die schützen gut vor dem eisigen Wasser: eine Eiderentenfamilie

 

Zurück am Ufer attackieren uns zahlreiche Küstenseeschwalben, die hier in einer großen Kolonie neben dem Parplatz brüten und jeden angreifen, der ihren Nestern zu nahe kommt - immer auf den höchsten Punkt und das alles ohne Fahrradhelm...

Noch sitzt die Küstenseeschwalbe - isländisch: Kria - scheinbar ganz entspannt wie auf einem Wachposten...

...aber wehe man kommt der Kolonie zu nahe, dann wird der Eindringling von zahlreichen Vögeln attackiert!

 

Live from Iceland

Ein weiterer running gag für die letzten Tage wurde der Satz "Live from Iceland". Ein deutscher Tourist, der wohl mit einer Busreisegruppe zur Gletscherlagune gekommen war und statt die eindrucksvolle Natur zu genießen, stand er mit dem Handy am Ohr unweit des Parkplatzes und versuchte offenkundig seinem Gesprächspartner eine Internetadresse zu "empfehlen", auf der man zu zahlreichen Webcams in Island kommt. Das Gespräch bestand eigentlich nur aus dem bestimmt 30mal lautstark wiederholten Satz "Live from Iceland - da kannnst du mich sehen." Und immer wieder "Live from Iceland". Vermutlich scheiterte das Gegenüber an der Domain "IS", denn die wurde nicht einmal mit genannt. Also, wer sich mal ein Bild von den touristischen Höhepunkten der Insel machen möchte, der geht einfach auf die Seite
http://www.livefromiceland.is/

 

Zurück nach Keflavik

 

Raus aus dem Regenloch

Zurück in Vík haben uns Sturm und Regen wieder fest im Griff und ein kleiner Stoff-Papageienvogel am Zelthimmel angebracht, führt unermüdlich eine wilden Tanz auf, den man hier einmal bewundern kann :-)
http://www.youtube.com/watch?v=pUsoYoqdaQs
Die dritte Nacht im Sturm auf diesem Campingplatz und kein Ende in Sicht. Nicht einmal das sturmerprobte Gemeinschaftshaus auf dem Campingplatz hält stand: Die Tür zur Herrentoilette wird aus den Angeln gerissen. Trotzdem entschließen wir uns gegen Mittag, aufzubrechen. Die 12% Steigung am Ortsausgang lassen sich mit Rückenwind noch gut fahren, doch anschließend kommt der Wind von der Seite und zwingt uns zum Absteigen und Schieben. Nachdem auch der zweite Berg geschafft ist, klart der Himmel auf und der Wind treibt uns vor sich her - wir sind aus dem Regenloch von Vík heraus und schaffen noch eine lange Etappe zurück bis zum Campingplatz am Seljalandsfoss (der mit dem schauderhaften Kaffee).

Gut, wenn man nicht gegen diesen Wind fahren muss...

Bei diesen Witterungsbedingungen werden die Häuser sehr geschützt errichtet

Motivation für die nächsten Kilometer: Kakao mit Sahne,

Muffins mit Eis und Sahne oder

eine gute Alternative: Ein Hamburger mit "Meat form the farm"

Dicke Wolken jagen über den Himmel, aber es bleibt trocken für den Rest der Tour

Und noch mehr Wolken

 

Ohne besondere Highlights erreichen wir am nächsten Tag Selfoss, einen der größeren Orte an der Südküste und dem gepflegtesten Campingplatz der gesamten Reise. Die Strecke bleibt landschaftlich eintönig - flaches Marschland bis wir die Lavafelder an der Südküste Reykjanes wieder erreichen. Diese Strecke hatte ich noch in ziemlich schlechter Erinnerung - Schotter, Waschbrettprofil und Regen auf beiden Touren. Und jetzt? Auch hier ist ein funkelnagelneues Asphaltband in die Landschaft gebaut worden und macht das Fahren zu einem Kinderspiel. Ein letzter Campingplatz bei Strandarkirkja trennt uns noch von Kevlavík. Diesmal übernachten wir kostenlos. Bezahlt werden nur die hieße Dusche und die Enteneier zum Frühstück - kostenpflichtiger Genuss und  Delikatesse. Nur eines ist hier nicht empfehlenswert: Ein Strandspaziergang! Hinter einem Schutzwall aus Steinen liegt der Atlantik. Das Ufer wird von verfaulendem Seetang gesäumt und das stinkt zum Himmel.

Enteneier zum Abendessen und zum Frühstück - lecker!!!

Und gebraten sehen sie noch besser aus!

Eigentlich sind die Schafe auf Island recht scheu und ergreifen die Flucht, wenn man sich ihnen nähert,...

...aber auf diesem Campingplatz drängen sie sich geradezu ins Bild

 

Die letzte Etappe

Auf unserer letzten Etappe treffen wir Martin wieder, ein erfahrener Radler aus der Nähe von Hamburg. Ihn sahen wir schon in Vík auf dem Campingplatz. Im Eiltempo war er auf der Ringstraße einmal im Uhrzeigersinn um die Insel gefahren - offenkundig die bessere Wahl, denn er hatte viel gutes Wetter im Norden und den Wind im Rücken, so wie ich es bei meiner ersten Reise auch erlebt hatte. Zusammen radeln wir nach Grindavík, einem ziemlich nüchternen Fischerort, der nicht unbedingt zum Bleiben einlädt. Nach einem gemeinsamen Imbiss trennen sich unsere Wege wieder. Martin umrundet die Halbinsel auf der Küstenstraße, wir biegen Richtung Norden ab. Für uns geht's noch einmal durch die Lavafelder vorbei an der berühmten Blauen Lagune und einem gigantischen geothermischen Kraftwerk Richtung Keflavík.

Island ist Eisland - ein leckeres Softeis mit einem kleinen Topic-Berg obendrauf ist immer ein guter Motivator

Die Energie, die dicht unter der Oberfläche reichlich vorhanden ist, wird hier in billigen Strom umgewandelt und das danach noch immer 80° heiße Wasser heizt das ca. 50 km entfernte Reykjavík

 

Die Verbindungsstraße nach Reykjavík schon in Sicht liegt an der Strecke ein alter, verfallender Fischtrockenplatz, der uns mit seinen schier unendlich vielen Fotomotiven lockt. Erst auf dem Rückweg lesen wir das Schild an der Straße, welches darüber Auskunft gibt, dass es sich bei dem Gelände um einen ehemaligen Schießplatz handelt und vor explosiven Hinterlassenschaften der amerikanischen Armee warnt. Deswegen sollte man die Wege nicht verlassen - zu spät, wir haben unsere Motive im Kasten. Manchmal ist es ganz gut, die Warnungen erst hinterher zu lesen.

Fotomotive ohne Ende auf dem alten Fischtrockenplatz - und dazwischen explosiver Restmüll

 

Bei der ersten Gelegenheit verlassen wir die Hauptstraße und fahren wieder auf Nebenrouten durch Reykjanesbær westwärts. Direkt am Strand liegt ein funkelnagelneues Wikingermuseum mit einem Nachbau eines Schiffes der Art, mit der sich die frühen Bewohner auf den Weg nach Nordamerika machten - der Mut dieser Menschen, mit solchen offenen Schiffen den Nordatlantik zu befahren, ist wirklich bewundernswert. Leider finden sich in dem modernen, lichtdurchfluteten Haus fast nur Repliken und eine sehr moderne Darstellung der nordischen Götterwelt. Aber irgendwie versuchen hier alle Orte, die Touristenströme anzuziehen - und die Wikingervergangenheit geht da immer.

Ein sehr modernes Museum für die Geschichte der Insel

Der Nachbau eine Wikingerschiffs für die Fahrt über den Atlantik im Maßstab 1:1

Eine Aussicht über den Fjord, die man sich auch für sein Wohnzimmer wünscht

Und über allem wacht die nordische Götterwelt

 

Finale

Auch Keflavík ist nicht mehr das was es einmal war. Zumindest nicht der Campingplatz. Den gibt es nämlich nicht mehr. 2004 war der Campingplatz "Alex" ganz neu eingerichtet, heute finden Zelte hier keinen Platz mehr auf dem Gelände. Stattdessen wurden zahlreiche Hütten gebaut und Zimmer  werden vermietet. Offenbar das bessere Geschäft. Irgendwie gefällt uns der Gedanke nicht, die letzte Nacht auf der Insel im Hotelzimmer zu verbringen und deswegen setzen wir uns noch einmal auf unser Tandem und fahren bis an die westlichste Spitze der Halbinsel zum Leuchtturm von Garður, wo wir bei Windstille kostenlos unser Zelt aufschlagen können. Einzige Wehrmutstropfen: Keine Dusche und die Tatsache, dass dieser Platz offenbar ein Geheimtipp bei den Wohnmobilfahrern ist, die hierherkommen, um ihre Fahrzeuge vor der Rückgabe an den Vermieter noch einmal aufzuklaren - auch nachts um vier! Rücksichtslose Bande!

Den letzten Tag verbringen wir dann in Kevlavík, bevor wir gegen Abend zum Flughaben radeln. Unser Rückflug startet erst gegen Mitternacht, sodass uns reichlich Zeit zum Packen bleibt. Die Kartons haben in der Zwischenzeit auch nicht den Weg in den Papiercontainer gefunden und so kommen wir pünktlich um 06.00 Uhr in Hamburg an. Das Wetter gleicht hier Mitte Juni dem auf Island - mal verliert man eben und mal gewinnen die anderen :-(
Das Fazit: Island geht auch mit dem Tandem. Mit Susanne muss ich aber noch mal ein ernstes Wort reden, denn wo ich bin ist, ist üblicherweise auch das gute Wetter und sie fährt grundsätzlich im Regen - das muss doch nun wirklich nicht sein!!!

Der Leuchtturm von Garður weist den Weg zum Campingplatz für die letzte Nacht auf Island

Mit unserem XXL-Gespann waren wir immer ein Hingucker

Das war's von dieser Reise, aber die nächste Tour kommt bestimmt - dann wieder allein. Ich hoffe, Bericht und Bilder haben euch gefallen. Bis zum nächsten Mal - Jörn