Ein Start mit Hindernissen


Nach dem totalen Fehlstart bei der vorherigen Reise durch Kanada sollte diesmal doch eigentlich mal wieder alles glatt gehen, zumal ich nach sechs Wochen verspäteter Abreise doch genug Zeit gehabt hätte, alles perfekt vorzubereiten. Aber eine Detailplanung von Reisen liegt mir nun einmal gar nicht, da sie einem jede Spontanität nimmt und auch einen gewissen Druck aufbaut. Zum anderen glaube ich, genug Routine zu haben, um mit (fast) allen Widrigkeiten klar zu kommen.

Die Strecke durch Dänemark sollte schnörkellos von zu Hause auf kürzestem Weg nach Hirtshals führen und sollte auch mehr der Eingewöhnung an längere Tage im Sattel dienen. Daher habe ich mich auch kaum in den schmucken dänischen Kleinstädten auf dem Weg aufgehalten und Bilder gibt es auch nicht. Kolding – Viborg – Hirtshals das waren die Stationen auf der gut 400km langen Strecke. Hitze am ersten Tag, Regenschauer bei angenehmen Temperaturen an den beiden anderen Tagen und immer hilfreicher Wind aus östliche Richtung waren die Rahmenbedingungen.


 Mein Rad ist jetzt vier Jahre alt und hat etwa 30.000km – größtenteils mit Gepäck – auf der Uhr. Klar wird es regelmäßig gepflegt und Verschleißteile rechtzeitig gewechselt. Allerdings scheinen einige Teile, von denen ich es nicht geahnt hatte, ihre Belastungs- oder Verschleißgrenze unbemerkt erreicht bzw. überschritten zu haben. Es ging los mit den Pedalen. Ich fahre immer mit Klickpedalen, habe mich daran gewöhnt, dass die Füße fest mit dem Rad verbunden sind, was gerade in den Bergen hilfreich ist, wenn man nicht nur treten, sondern auch ziehen kann. Zu Hause benutzte ich in den letzten Wochen neue Schuhe, die einwandfrei hielten. Für die Reise holte ich die alten Mountainbikeschuhe raus – und noch nicht lange unterwegs stellte sich heraus, dass Pedalen und Cleats so weit abgenutzt waren, dass es kein Halten mehr gab. Okay, kein Beinbruch, neue Pedale kann man unterwegs kaufen – wenn nicht viele Fahrradgeschäfte in Dänemark gerade Betriebsferien hätten. Dann am zweiten Tag der nächste Schaden durch Materialermüdung. 30.000km mit meinem Gewicht waren für den Sattel offenbar zu viel und im Leder zeigte sich ein ca. zwei Zentimeter langer Riss – nichts worauf man vertrauen möchte, wenn noch drei Monate vor einem liegen. Zu allem Überfluss kam dann auch noch bei Erreichen meines Etappenziels in Viborg ein Platten dazu, wo ich sonst tausende Kilometer fahre, ohne einmal flicken zu müssen. Irgendwie war das Maß für mich an diesem Tag voll. Zum Glück noch nicht so weit von zu Hause weg, zum Glück eine Partnerin, die sich spontan ins Auto setzt und mir die passenden Teile vom Lastenrad bringt und die Welt ist wieder in Ordnung. Eigentlich reicht es mir jetzt für diese Tour mit Schäden am Rad. Von jetzt an bitte ohne weitere technische Probleme.



Auf langen Touren verschlissen
Auf langen Touren verschlissen


Mit neuem, aber schon eingefahrenem Sattel, neuen Pedalen und Cleats und einem stramm aufgepumpten Reifen konnte ich dann in den dritten Tag der Tour starten. Nach 100km überwiegend auf Nebenstraßen und ehemaligen Bahndämmen erreiche ich Aalborg und überquerte den Limfjord. Noch 60km bis Hirtshals. Da es auf der Strecke nichts Interessantes gibt und auch Campingplätze Fehlanzeige sind, versuchte ich noch am selben Tag die Abendfähre nach Kristiansand zu erreichen. Es war ein Einzelzeitfahren bei gutem Rückenwind und ebener Strecke. Um 20.15 Uhr stehe ich am Schalter des Fährterminals, zehn Minuten später steht mein Fahrrad gesichert im Bauch der Fähre und weitere 20 Minuten später legt das Schiff ab. Gegen Mitternacht werde ich in Norwegen sein, wo ich auch um die Zeit noch auf einem Campingplatz einchecken kann.


 

Nach nur drei Tagen verlasse ich Dänemark auf dem Wasserweg in Richtung Norwegen
Nach nur drei Tagen verlasse ich Dänemark auf dem Wasserweg in Richtung Norwegen