Infratruktur, Versorgungsmöglichkeiten und auch die Straße sind noch dürftiger als in Alaska. Und als ich nach mehr als 100 schweren Kilometern in Burbush Landing ankomme, hat der einzige Laden mit einem Imbiss bereits geschlossen. Also noch einmal in den Sattel geschwungen, um die 16 Kilometer bis Destruction Bay zu fahren, die ich aber glücklicherweise in einem Pilotcar in einer Baustelle deutlich verkürzen kann. In Destruction Bay will ich mich eigentlich mit Martin treffen, der heute deutlich schneller als ich unterwegs ist. Von ihm gibt es aber keine Spur. Dafür aber einen deftigen Hamburger und einen kostenlosen Platz zum Zelten in den Büschen am Straßenrand. Als ich am nächsten Morgen gerade mein Frühstück beendet habe, erreicht auch Martin Destruction Bay. Er hatte in Burbush Landing am Lake Kluane übernachtet. Allerdings hatte er am Morgen kein Pilotcar, das ihn aufnahm, da die Baustelle wegen des bevorstehenden Nationalfeiertags ruhte.
Die Vorstellungen vom Reisen sind sehr, sehr unterschiedlich...
Wieder gemeinsam fahren wir Richtung Haines Junction. In der Nähe dieser kleinen Ortschaft hat Martin über Warm Showers eine Unterkunft organisiert. Aber statt durchzufahren, entschließen wir uns spontan an einem traumhaften Platz am Sulfur Lake unser Lager aufzuschlagen – einschließlich Bad im See und nächtlichem Besuch eines Elchs (den ich leider verschlafen habe – aber Videobeweis durch Martin).
Die kostenlosen Zeltplätze sind oft die besten!
Der Weg nach Haines Junction ist schnell zurückgelegt und hier ist ein Besuch in der Village Bakery Pflicht – teuer, aber unglaublich lecker! Danach fahren abseits der Hauptstraße zur Farm von Jin, eine junge australische Försterin, die sich hier im Nichts ein schickes Haus – mit einem chaotischen Drumherum - gebaut hat und Radler auf ihrem sehr speziellen Anwesen aufnimmt. Absolutes Highlight ist für mich die Dusche in einem mückensicheren Pavillon mitten im Wald, wohin man das Wasser im Kanister tragen muss, dann auf einem Gaskocher in einem großen Topf auf die gewünschte Temperatur erhitzt und mit einem akkubetriebenen Duschkopf der Körperpflege im Freien frönen kann 😊 Die Unterkunft selbst ist – hochtrabend formuliert – eher ein Glamping. Ich ziehe es vor, mein Zelt aufzuschlagen, was durch den nächtlichen Regen umgehend gestraft wird. Dafür sind aber ein leckeres Bison Stew und interessante Geschichten über Bären, Elche, Bisons und Wölfe in der Gegend inbegriffen.
Warmshowers zum Selbermachen - "Organic Farm" im Nirgendwo
Der leichte Regen hat die Piste zurück nach Haines Junction in eine schmierige Ruschbahn verwandelt und mein am Tag zuvor bei strahlendem Sonnenschein vom Dreck befreiten Fahrrad ist am Ende so verschlammt, dass ich im Ort zwei Dollar investiere und den gröbsten Lehm mit einem Hochdruckreiniger abspüle. Der Regen wird stärker und dazu ist es auch noch lausig kalt. Unser Frühstück in der Village Bakery wird dadurch zum Tagesprogramm und erst gegen Abend bauen wir, ohne den Ort zu verlassen zu haben, unsere Zelten auf dem Gelände eines stillgelegten RV Parks auf. Eigentlich wollten wir die Strecke nach Whitehorse in zwei Etappen aufteilen. Aber die Bedingungen sind gut und wir ziehen die 162 Kilometer mit einigen kurzen Pausen durch (wenn man sich nach drei Wochen den Schorf vom Sitzfleisch gekratzt hat, sind 8 ¼ Stunden im Sattel nicht mehr ganz so schmerzhaft 😉) und sitzen um 19.30 Uhr in einem urigen Restaurant und belohnen und mit einem guten Abendessen für die Anstrengungen des Tages, bevor wir auf dem städtischen Campingplatz für zwei Nächte einchecken.
Wilde Tiere am Wegesrand gibt es natürlich zuhauf - leider nur nichts Großes
Nach 162km von Haines Junction ist die Hauptstadt von Yukon Territory erreicht
Der 1. Juli ist Nationalfeiertag – Canada Day – und ganz Kanada feiert, auch wenn die Geschäfte ganz normal geöffnet haben. Aber wie bei meinen bisherigen Reisen in diesem großen und großartigen Land, erlebe ich die Feiern anlässlich der Staatsgründung als entspannt, bunt und fröhlich – und alle machen irgendwie mit, unabhängig von der ursprünglichen Herkunft.